Presseschau Belgien

Jahre der Angst

Neofaschisten bombten und mordeten in den 70er und 80er Jahren im Auftrag des Staates
Bei dem Bombenanschlag auf den Bahnhof von Bologna 1982 starben 85 Menschen
Bei dem Bombenanschlag auf den Bahnhof von Bologna 1982 starben 85 Menschen Bild von ZIC photo

Seit Beginn des Kalten Krieges setzten die USA auf verdeckte Geheimoperationen: Ein Baustein waren die paramilitärischen Gladio-Einheiten, die bei einer sowjetischen Besatzung hinter der Front agieren sollten. Für diese streng geheime und der NATO untergeordnete Organisation wurden Rechtsradikale rekrutiert, da sie aufgrund ihrer anti-kommunistischen Haltung als zuverlässig galten. Doch Gladio wurde im Inneren eingesetzt; durch Terroranschläge wurde ein Klima der Angst erzeugt, in dem rigide Sicherheitsgesetze legitimiert werden.

Die krasseste Terrorserie erfolgte im Italien der 70er und 80er Jahre. Sie wurde teils linken Gruppen in die Schuhe geschoben, um den kommunistischen Einfluß zurückzudrängen und einen Putschvorwand zu liefern. Doch auch eine unerklärliche Terrorserie in Belgien sowie das Oktoberfest-Attentat in den frühen 80er Jahren stehen wahrscheinlich in diesem Zusammenhang. Ein Anfang diesen Jahres von ARTE ausgestrahlter Film bietet einen Überblick über die Strategie der Spannung: Ein staatstragender Terror, um den Ruf nach einem autoritären Staat auszulösen. Somit geht die Kooperation von Geheimdiensten mit Faschisten auf ein geheimes Zusatzprotokoll des National Security Act der USA von 1947 zurück. Da die Rolle, die Gladio wirklich gespielt hat, jedoch bislang unklar geblieben ist, plädiert der Film für eine Aufklärung durch Öffnung der Archive.

Mythos des Friedenswillens

Der Locarno-Vertrag 1925

Wenn Politiker – vornehmlich in Sonntagsreden – auf die Geschichte der europäischen Einigung zu sprechen kommen, wird immer auch gerne auf den Vertrag von Locarno verwiesen, der seinen beiden Architekten Aristide Briand und Gustav Stresemann den Friedensnobelpreis einbrachte.

Doch Zweifel scheinen angebracht, ob dieses als große Geste der Verständigung und des Friedenswillens gefeierte Vertragswerk tatsächlich diesen Ansprüchen genügt. Denn einerseits wurden zwar rechtliche Sicherungen gegen eine militärische Aggression in Westeuropa aufgestellt. Das galt aber eben nicht für die ebenfalls umstrittenen Grenzen zwischen Deutschland sowie Polen und der Tschechoslowakei. Weiterlesen … »

Zerreißprobe

Der Streit um den Distrikt Brüssel-Halle-Vilvoorde stellt den belgischen Staat in Frage

Spannungen hat es in Belgien immer gegeben zwischen den frankophonen Wallonen im Süden und den niederländisch sprechenden Flamen im Norden – doch nun stellt der Konflikt die Einheit des Landes in Frage. Grund ist der verworrene Streit um die Teilung des zweisprachigen Distrikts der Metropolregion Brüssel, Brüssel-Halle-Vilvoorde, der die belgische Regierungkoalition platzen ließ. Michael Stabenow entwirrt das Knäuel gegenseitiger Vorwürfe in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, weitere Fakten liefert Katrin Brand vom WDR-Hörfunkstudio Brüssel. Presseurop übersetzt einen Beitrag der Le Soir aus Brüssel, in dem die Frage nach der Einheit des Landes gestellt wird; dort finden sich auch Beiträge aus der Trouw, aus de Standard und Le Soir, weitere Pressestimmen faßt eurotopics zusammen.

Ein fast vergessenes Verbrechen

»Schatten über dem Kongo« von Adam Hochschild

Es gibt viele historische Ereignisse, die einfach vergessen werden. Bei kaum einem dieser Ereignisse ist das so schwer zu verstehen (und zu ertragen) wie bei dem Genozid an der Bevölkerung des Kongobeckens zwischen 1888 und 1908.  Es ist eines der Verdienste von Adam Hochschilds Dokumentation "Schatten über dem Kongo", durch akribische Quellenarbeit und Recherche an dieser Situation etwas geändert zu haben. Ein wichtiges, wertvolles und trauriges Buch.

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