Presseschau Europa

Riss durch Spanien

Katalonien will seine Unabhängigkeit erzwingen
Riss durch Spanien
Bild von tetegil

Seit dem Ende der Franco-Diktatur wird immer wieder um weitgehende Autonomierechte für einige spanische Regionen verhandelt. Besonders brisant ist das im Fall Kataloniens, denn das Gebiet ist von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung für Spanien. Dabei kann die Regionalregierung auf eine breite Unterstützung der Katalanen bauen, die kürzlich eine spektakuläre Menschenkette mit weit über einer Million Beteiligten bildeten. Im zweiten Halbjahr 2014 soll nun nach dem Willen der Regionalregierung eine Abstimmung über die Unabhängigkeit stattfinden. Die Zentralregierung unter Regierungschef Rajoy dagegen spricht sich massiv dagegen aus und ist offenbar bereit, dieses Votum mit allen Mitteln zu verhindern.

Ökologisch, sozial, demokratisch

Zum Volksentscheid über das Berliner Stromnetz
Ökologisch, sozial, demokratisch
Bild von Steys

Am 3. November können die Berliner darüber abstimmen, ob sie das kommunale Stromnetz wieder in die öffentliche Hand übernehmen wollen. Die Materie ist jedoch komplex, nicht zuletzt, weil die Betriebskonzession unabhängig vom Ausgang des Volksentscheids in einem offenen Bieterverfahren ausgeschrieben werden muss. Die Initiatoren des »Berliner Energietischs« und die Oppositionsparteien Linke, Grüne und Piraten hoffen auf ein positives Votum der Wähler wie jüngst in Hamburg oder schon früher bezüglich der Wasserbetriebe in Berlin. Klar gegen den Gesetzentwurf des Volksentscheids haben sich die Wirtschaftsverbände, der Berliner Senat und auch die Gewerkschaften ausgesprochen. Sie argumentieren vor allem mit den hohen Kosten und dem Umstand, dass die Strompreise kaum sinken würden.

Es sprechen aber auch gewichtige Gründe für den Vorschlag. Denn die Initiatoren verweisen auf die stabilen Gewinne von etwa 80 Millionen Euro jährlich, die sich aus dem Betrieb des Netzes generieren lassen und so den Kauf selbst finanzieren könnten. Unter anderem soll auch ein Stadtwerk gegründet werden, um soziale Härten auszuschließen, etwa die jährlich rund 19.000 Fälle, in denen der bisherige Betreiber Vattenfall säumigen Kunden den Strom abschaltete. Des weiteren soll das geplante Stadtwerk vor allem ökologisch und dezentral produzierten Strom vertreiben. Besonders bemerkenswert ist der Vorschlag, dieses Stadtwerk demokratisch durch gewählte Bürgervertreter und Mitarbeiter kontrollieren zu lassen. Dieses wirtschaftsdemokratische Element könnte durchaus Vorbildcharakter bekommen. Wohl eher aus taktischen Gründen hat der Senat noch kurz vor der Abstimmung ebenfalls beschlossen, ein eigenes Stadtwerk gründen zu wollen. Dieses aber wird deutlich weniger anspruchsvoll in seinen Zielen sein.

Das Rote Berlin

Ein Lesetipp
Das Rote Berlin

„Berlin gehört uns!“ – Das konnte August Bebel voller Stolz verkünden. Über viele Jahre hinweg war die Arbeiterbewegung hier tatsächlich die größte der Welt. Das Rote Berlin behandelt diese Geschichte von ihren Anfängen im 19. Jahrhundert bis zum Dritten Reich. Spannend geschrieben, ohne dabei auf historische Genauigkeit zu verzichten. Das Rote Berlin will Geschichte durch Geschichten verständlich machen und setzt kein umfassendes Vorwissen voraus. Sicher wird aber auch der Kenner der Stadtgeschichte auf bisher unbekannte Episoden und Fakten stoßen.

Weit über Deutschlands Grenzen hinaus wurde die Berliner Arbeiterbewegung als Vorbild angesehen. In dieser Darstellung werden ihre Breite und ihr Facettenreichtum deutlich. Die Entwicklung von Parteien und Gewerkschaften wird ebenso gewürdigt wie spontane Aktionen und das soziale und kulturelle Milieu. Neben Sozialdemokraten, Anarchisten und Kommunisten geht es auch um die berüchtigten Rehberger und Wilden Cliquen, um die revolutionären Obleute und rebellierende Arbeitslose, um die Blumenstraßenkrawalle, den Bierboykott, die Rote Insel oder den Arbeitersport. Denn all das war Teil der Arbeiterbewegung. Sie war kein monolithischer Block, sondern ein vielschichtiges Gebilde von einander ergänzenden, manchmal auch miteinander rivalisierenden Teilen.

Forschung, Politikberatung, Agenda Setting

Ein wirtschaftswissenschaftliches Ranking der FAZ

Die FAZ hat ein umfangreiches Ranking einflussreicher Wirtschaftswissenschaftler aus dem deutschsprachigen Raum verfasst. Natürlich kann man über die grundsätzliche Berechtigung von Rankings streiten. Sie dienen ja nicht nur der Information, sondern oft auch als ein probates Mittel für Agendasetting und zur Zementierung von Machtverhältnissen. So vermutlich auch hier. Es fällt jedenfalls auf, dass die weit überwiegende Mehrzahl der genannten Wirtschaftswissenschaftler waschechte Neoliberale sind. Das spiegelt einerseits ganz gut die faktische Dominanz dieser Schule innerhalb des Wissenschaftsbetriebs wider, andererseits befestigt es deren Position noch durch solche »Gütesiegel«. Andere Richtungen, etwa Keynesianer oder Marxisten, spielen dagegen kaum eine Rolle in dem Ranking. Ob der für das Ranking u. a. verwendete H-Index wirklich so aussagekräftig ist für die fachliche Bedeutung eines Forschers, kann man mit guten Gründen bezweifeln. Dennoch zeigt sich als interessantes Detail, dass Hans-Werner Sinn, »Deutschlands klügster Professor« (BILD), zwar in den Teilrankings Medien und Politik jeweils als Nummer eins eingestuft wird, in der Beurteilung seiner Forschungsleistung dagegen nur abgeschlagen im Mittelfeld landet. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Der lachende Dritte

Syrien, die Kurden und die Türkei

Die Fronten im syrischen Bürgerkrieg werden immer unübersichtlicher. Auf der einen Seite stehen die Rebellen aus FSA und islamistischen Milizen, auf der anderen das alte Regime. Eine Sonderrolle spielen jedoch die im Norden des Landes wohnenden Kurden. Sie orientieren sich eher auf ihre Verwandten in Irak und Türkei, im Inland versuchen sie eine schwierige Gratwanderung, die ihnen das Misstrauen beider Kontrahenten einbringt. Langfristig könnten die kurdischen Gebiete einen relativ autonomen Teil des Landes bilden, wobei sie dann eng mit der türkischen Regierung kooperieren würden. Das mag auf den ersten Blick überraschen, werden doch die Kurden in der Türkei noch immer z. T. militärisch unterdrückt. Diese Annäherung würde aber nur eine vergleichbare Entwicklung der irakischen Kurden nachahmen. Denn die hängen mittlerweile vor allem wirtschaftlich am Tropf Ankaras. Ist also am Ende die Türkei machtpolitisch ein Profiteur der Selbstzerfleischung Syriens?

Der Rubel rollt

Fußball-Bundesliga mit neuen Rekorden
Oft überstrahlt der Kommerz den Sport
Oft überstrahlt der Kommerz den Sport Bild von Marcus Unger

Ob man den Gesamtumsatz aller 18 Bundesligaclubs - gut zwei Milliarden Euro - betrachtet, oder einzelne Posten wie Fernsehgelder, Ticketing und Merchandising: Die Bundesliga legt Jahr für Jahr ordentlich zu. Zugleich steigen auch die Ausgaben, etwa für Spielergehälter um gut fünf Prozent im Vergleich zur Vorsaison, oder für die Ablösesummen. Damit steht die Liga finanziell auf Rang zwei in Europa, nur noch hinter der englischen Premier League. Und der Abstand schrumpft auch hier.

Die voranschreitende Kommerzialisierung wäre undenkbar ohne die parallel zunehmende Berichterstattung in den Medien. Der Fußball als familienkompatible Unterhaltungsware hat längst das Image des Proletensports abgelegt, das ihm noch vor 20 Jahren anhaftete. Das Fernsehen an erster Stelle diktiert die Wahrnehmung des Produkts Bundesliga, immer wichtiger wird neben dem eigentlichen Sport das »drumherum« an Talkshows, Homestories und dergleichen mehr. Von kritischer Distanz ist kaum die Rede, schon gar nicht bei einem Sender wie Sky, der hunderte von Millionen Euro jährlich in die Senderechte investiert.

Krieg gegen die Menschenrechte

Eine Reportage über den Drohnenkrieg der USA
Krieg gegen die Menschenrechte
Bild von Britisches Verteidigungsministerium

In abgelegenen Stammesgebieten von Pakistan und im Jemen, dort wo die Weltöffentlichkeit kaum hinschaut und wenig Zugang hat, führen die USA einen geheimen Drohnenkrieg, dem mindestens 3000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Ein Film von John Kantara befragt Zeugen, Opfer, Anwälte und Fachleute für Menschenrechte nach den Hintergründen. Nur 2 Prozent der Getöteten sind demnach hohe Kader von Al Qaida oder anderer radikaler Organisationen. Ob diese im Einzelnen einen Krieg gegen die USA führen, steht nicht immer fest, denn sie werden ohne Gerichtsbeschluß getötet, ohne Möglichkeit, sich zu verteidigen – die Beweise sind nicht öffentlich. Die Raketenangriffe treffen zumeist Unbeteiligte, Bauern und ihre Kinder werden terrorisiert. Die Attacken aus dem blauen Himmel sind rechtlich nicht gedeckt, so das Urteil zahlreicher Juristen für Völkerrecht. Die Waffen sind auch weniger präzise als dargestellt und basieren zudem oft auf Aussagen von Denunzianten, die gegen Bares ungeliebte Nachbarn loswerden können. Doch neben dem direkten Terror gegen die Zivilbevölkerung wird diese durch die Allgegenwart des Todes und der weithin sichtbaren Drohnen traumatisiert. Weiterlesen … »

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