Presseschau Großbritannien

Meine Stadt, Deine Stadt

Das Phänomen urbaner Aufwertung im internationalen Vergleich
Alte Brachen und neue Bauten im Londoner Hackney Wick
Alte Brachen und neue Bauten im Londoner Hackney Wick Bild von Emily Webber

Ein Trend eint viele europäische Metropolen: Künstler nutzen brachliegende oder verarmte Stadtviertel als günstigen Wohn- und Arbeitsraum. Durch den kreativen Charme werden diese Quartiere für Investoren erst interessant. Deren Spekulation mit und Investitionen in den Stadtraum führen zu sprunghaften Mietsteigerungen. Am Ende können sich weder die Künstler noch die ansässige Bevölkerung die Mieten noch leisten. Die Künstler ziehen in ein anderes Viertel und das Spiel beginnt von vorn. Claudia Dejá hat auf Arte in einer knappen Stunde einen Vergleich zwischen London, Paris, Hamburg und Berlin gezogen. Dieses als Gentrifizierung bezeichnete Phänomen wird zur Zeit heiß diskutiert. Der Beitrag ist anschaulich, läßt jedoch analytische Tiefe vermissen. Weiterlesen … »

Opfer der Marktlogik

Geisteswissenschaften in England
Alte Tradition: Universität von Cambridge
Alte Tradition: Universität von Cambridge Bild von Elin B

Die Autonomie der Wissenschaft ist zu Recht ein hohes Gut. Um dieses zu gewährleisten, sorgt der Staat für eine angemessene finanzielle Grundlage, ohne auf die Inhalte und Forschungsvorhaben Einfluss zu nehmen. Das soll aber jetzt in England anders werden.

Die Evaluation der Qualität von Forschung läuft dabei nach standardisierten Methoden. Ein wichtiges Kriterium ist die quantitative Erfassung der Publikationshäufigkeit. Das gilt für alle Wissenschaften gleichermaßen – egal ob Philosophie, Mathematik oder Chemie. Eine Folge dieser Politik ist die Orientierung auf kurzfristige, schnelle Erfolge statt mutiger, innovativer Vorhaben. Die allgemeine Marktorientierung, die nach einem aktuellen Gutachten zur Grundlage der Wissenschaftspolitik werden soll, führt dabei unweigerlich zu einem Verkümmern der Geisteswissenschaften zugunsten der ökonomisch verwertbaren Naturwissenschaften.

Krisenkommunikation

Der Sprecher von BP und Lehman Brothers spricht

Vom Journalisten zum Pressechef in heikler Mission: Andrew Gowers hatte viel zu tun in den letzten Jahren. Zuerst musste er der Welt die Pleite von Lehman Brothers erklären, und dann die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Im Interview mit Daniel Stern gibt er Einblicke in seine Motivation, in subtile PR-Strategien, aber auch in die Risiken und Möglichkeiten neuer Kommunikationskanäle.

Eskalation durch die Hintertür

Die militärische Lage in Libyen
Ein französischer Helikopter vom Typ "Tiger" <br/>Foto von Rubbel
Ein französischer Helikopter vom Typ "Tiger" Bild von Rubbel

Auch wenn die Medien sich mittlerweile anderen Themen zugewandt haben: In Libyen gibt es immer noch schwere Kämpfe, täglich sterben Menschen. Nun hat die NATO ihre Angriffe deutlich verstärkt. Einerseits wurden massive Bombardements gegen die Marine des Landes durchgeführt, andererseits wollen Großbritannien und Frankreich Kampfhubschrauber dorthin schicken. Nach wie vor bleibt die Lage undurchsichtig. Ob und wie viele Zivilisten durch die westlichen Angriffe umkamen, lässt sich kaum ermitteln, zu widersprüchlich sind die Angaben beider Seiten.

Der gekürzte Staat

Britischer Sparhaushalt verschärft soziale Spannungen
Proteste Ende März in London <br/>Foto von psmckiernan
Proteste Ende März in London Foto von psmckiernan

Während Griechenland oder Portugal aufgrund des Diktats anderer Euro-Länder sparen müssen, hat die liberal-konservative Regierung in Großbritannien den radikalsten Sparhaushalt der größeren europäischen Länder verordnet. Fast ein Fünftel des Haushaltes soll eingespart werden, um die Kosten der Finanzkrise zu tragen: Davon ist der Sozialhaushalt am stärksten betroffen. Jochen Spengler zeigt in einer Reportage im Deutschlandradio Kultur die Auswirkungen vor Ort: Wachsender Unmut und Proteste prägen die britische Gesellschaft, auch wenn eine Kultur des Widerstandes gegen Sozialkürzungen weniger stark ausgeprägt ist als in Deutschland oder Frankreich. Soziale Spannungen könnten die Folge sein. Die Blätter für deutsche und internationale Politik haben die Regierung untersucht: Drei Viertel sind Millionäre, viele kommen aus der Oberschicht. Michael R. Krätke erkennt darin eine fortbestehende Klassengesellschaft.

Offene Fragen

Der Militäreinsatz in Libyen

Frankreich, Großbritannien und die USA haben weder ein klares Konzept noch Antworten auf eine Vielzahl von Fragen. So ist durch das UN-Mandat lediglich ein begrenzter Einsatz zum Schutz der Zivilbevölkerung vorgesehen – doch die Bombardements richten sich gegen zahlreiche, womöglich auch zivile Ziele. Unausgesprochen sollen sie aber vor allem den Sturz Gaddafis herbeiführen.

Doch noch ist völlig offen, welche Folgen die Intervention haben wird: Kann sich Gaddafi gegen die Rebellen behaupten, was würden die im Falle eines Sieges tun? Und wird der Westen auch bereit sein, notfalls Bodentruppen zu schicken?

Die nächste Zeit wird also zeigen müssen, ob die Angriffe nicht in einem ähnlichen Desaster wie in Afghanistan enden werden. Daran kann jedenfalls niemand ein Interesse haben.

»Ein unternehmerischer Staatsstreich«

Die britische Regierung macht Geschenke an Konzernbesitzer
Kirchenturm alt und neu. <br/>Bild von Steve Walesch
Kirchenturm alt und neu. Bild von Steve Walesch

Die britische Regierung unter David Cameron streicht Konzernen Steuern, um »die Wirtschaft wieder aufzubauen.« Die Parteizugehörigkeit Camerons zu erwähnen, wie in Berichterstattungen üblich, ist überflüssig. Denn Raub als Wirtschaftspolitik, oder besser Geldtransfer von den unteren 98% der Gesellschaft zu den oberen zwei, um 'die Wirtschaft anzukurbeln,' war schon unter dem 'Sozialdemokraten' Tony Blair Credo. Wenn ein Konzern, der ja von steuerfinanzierter Infrastruktur, Rechtssicherheit usw. profitiert, keine Steuern zahlen muss, wird sein Anteil an öffentlicher Verantwortung von anderen bezahlt. Es findet also ein Vermögenstransfer statt – von denen, die Steuern zahlen zu denen, die Konzerngewinne einstreichen, die oberen Prozente der Gesellschaft. Weiterlesen … »

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