Presseschau Marokko

Ende des Höhenflugs

Desertec steht vor der Abwicklung

Die Idee war ebenso ehrgeizig wie waghalsig: Mithilfe von Sonnenkraft und Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe sollten in Nordafrika gewaltige Anlagen für erneuerbare Energie aufgebaut werden. Der so gewonnene Strom hätte dann nicht nur die Länder des Maghreb, sondern auch Europa versorgen können. Doch daraus wird wohl nichts: Nachdem in den vergangenen Jahren bereits namhafte Konzerne wie Siemens, Bosch und Bilfinger aus dem Konsortium ausgestiegen sind, wird die Trägergesellschaft DII voraussichtlich Ende 2014 abgewickelt. Allenfalls als kleine Beratungsagentur könnte sie fortbestehen.

Es ist ein ganzes Bündel von Ursachen, die zum Scheitern des Projekts geführt haben. Zunächst sind Solaranlagen mittlerweile so preiswert, dass sich auch mit weniger Sonnenstunden in Mitteleuropa genug Strom generieren lässt, um die Anlagen rentabel zu betreiben. Hinzu kommen die hohen Verluste durch die erforderlichen Überlandleitungen. Des Weiteren vertrauen die nordafrikanischen Länder, vor allem Marokko, lieber auf eigene Projekte. Schließlich konnten sich die zahlreichen Teilhaber nicht über ein gemeinsames Konzept einigen.

In gewisser Hinsicht war es der schiere Gigantismus, der Dersertec zum Scheitern brachte: Er erforderte horrende Investitionen und damit eine große Zahl an Teilhabern mit ganz unterschiedlichen Interessen. Zugleich zeigt die Entwicklung der letzten Jahre auch, dass erneuerbare Energien gerade dann besonders effizient sind, wenn die Anlagen dezentral und damit nahe beim Verbraucher platziert werden.

Weiblicher Sextourismus

Wer ist hier das Opfer?
Weiblicher Sextourismus
Bild von robstephaustralia

Die Stories klingen sehr pauschal und strotzen nur so vor Klischees: Hier die ahnungslose Touristin, die an die romantische Liebe glaubt, dort der exotische Strandbeau, der sie gnadenlos ausnutzt. »Bezness«, eine arabisierte Variation von Business, hat sich für das Phänomen mittlerweile eingebürgert. Laut Bild der Frau betraf das allein in diesem Jahr 5.000 deutsche Urlauberinnen, vor allem in der Türkei, in Tunesien, Marokko oder Kenia. Grund genug für das Blatt, zwei Undercover-Journalistinnen vor Ort recherchieren zu lassen. Herausgekommen sind eindeutige Frontlinien, die Rede ist von »Liebes-Mafia« und »Gefühls-Gangstern«.

Die taz gibt sich da weit weniger aufgeregt. Für sie ist Bezness vor allem Ausdruck des Wohlstandsgefälles zwischen Nord und Süd. Vielleicht steckt hinter der vorgeblichen naiven Romantik aber auch ein uneingestandenes Kalkül: Einmal aus dem grauen Alltag ausbrechen, Erotik und Bauchkribbeln für zwei Wochen – wahrhaft all inclusive sozusagen. Oder welche Frau meint ernsthaft, ein zwanzig Jahre jüngerer Beachboy erkennt in ihr die große Liebe, jenseits aller kulturellen und ökonomischen Barrieren?

Demokratie wozu?

Die Ursachen der Revolten in Arabien

Sebastian Müller betrachtet einerseits die Darstellung der Aufstände in den westlichen Medien, andererseits sucht er nach einer alternativen Erklärung. Seiner Meinung nach war der Ruf nach mehr politischer Mitsprache nur die »Begleitmusik« für das eigentliche Anliegen: Die Verbesserung der eigenen, von Armut und beruflicher Ungewissheit gekennzeichneten Existenz.

Hätte der Westen sich mit dieser Frage eingehender beschäftigt, wäre auch dessen Politik im arabischen Raum mit unangenehmen Fragen konfrontiert worden. Denn man arbeitete jahrzehntelang mit den Regimes zusammen; erst ihr Sturz führte zu einer hektischen Neuorientierung. Weiterlesen … »

Reine Spekulation

Die zweite Preisspirale bei den Lebensmittelpreisen ist die Triebfeder für weltweite Unruhen
Lebensmittelpreisentwicklung: Die zweite Blase binnen 5 Jahren
Lebensmittelpreisentwicklung: Die zweite Blase binnen 5 Jahren

Stehen die Revolutionen und Revolten in Nordafrika und im Nahen Osten durchaus in der öffentlichen Aufmerksamkeit, wird einer der zentralen Gründe mit einer gewissen Ratlosigkeit eher am Rande erwähnt: Die seit Frühjahr dramatisch ansteigenden Lebensmittelpreise auf den Weltmärkten. Ralf Streck näherte sich dem Phänomen mit einer exzellenten Analyse. In zahlreichen Ländern Afrikas, Asiens und Südamerikas führen die Lebensmittelpreise zu Hunger und innerer Instabilität wie zuletzt bei den Hungerrevolten 2008. Weder die forcierte Biospritproduktion noch der ebenfalls rasant steigende Ölpreis können der entscheidene Grund für die Preisblase sein, auch wenn sie einen gewissen Einfluß haben. Vielmehr sorgt die lockere Geldpolitik der Notenbanken für Spekulationen auf den Märkten für Rohstoffe und Grundnahrungsmittel. Weiterlesen … »

Regieren und kassieren

Der mächtigste Marokkaner ist auch der reichste

Angesichts der Proteste in den Nachbarländern mutet der Besitz des marokkanischen Königs Mohammed VI. wie die Aufforderung zum Aufstand an. Denn der Herrscher kontrolliert etwa 6% des BIP seines Landes, sein Vermögen wird auf 2 Mrd. Euro taxiert. Zudem erhält er auch eine jährliche staatliche Vergütung in Höhe von 250 Mio. Euro.

Das wirft natürlich Fragen auf, zumal er sich selbst gerne als »König der Armen« stilisiert. Doch trotz der hohen Jugendarbeitslosigkeit und nicht weniger, auch prominenter, Kritiker ist Mohammed VI. nach wie vor beliebt bei seinem Volk.

Kein Ende der Proteste

Andere Länder nehmen sich ein Beispiel

Nach dem zumindest anfänglichen Erfolg der Proteste in Tunesien und Ägypten mobilisieren Oppositionelle auch in anderen Ländern weiter in der Hoffnung auf Wandel. Für dieses Wochenende sind große Demonstrationen angekündigt.

Während es in Marokko verhältnismäßig ruhig und undramatisch hergeht, ist die Lage in Libyen, Jemen und Bahrain eskaliert. Dort gab es nicht nur zahlreiche Tote und Verletzte, sondern auch ein massives Aufgebot an Militär und Polizei. Zudem sind hier z.T. – wie bereits zuvor in Ägypten – regimetreue Schlägertrupps aktiv. Unklar ist nach wie vor, wie sich die Situation in Algerien entwickelt.

Überblick

Die Lage in den arabischen Staaten

Die Ereignisse im arabischen Raum haben sich in den letzten Tagen und Wochen überschlagen. Wolfgang Günter Lerch gibt einen guten Überblick über die aktuelle Situation in den einzelnen Ländern. Dabei schätzt er die Entwicklung durchaus als revolutionär ein; gleichzeitig betont der Autor die zentrale Rolle der materiellen Not weiter Bevölkerungskreise für den Ausbruch der Proteste. Eine weitere Gemeinsamkeit in den doch sehr verschiedenen Staaten sind auch die jahrzehntelang herrschenden Eliten. Sie sind zu wirklichen Veränderungen weder willens noch in der Lage.

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