Magazin Beitrag

Staatsstreich für Anfänger

In Kirgisien wurden offenbar gezielt Unruhen angezettelt
Ausschnitt aus dem offenbar authentischen Telefonmitschnitt von Kurmanbek Bakijews Sohn Maksim
Ausschnitt aus dem offenbar authentischen Telefonmitschnitt von Kurmanbek Bakijews Sohn Maksim

Kein klares Bild entsteht bei den Unruhen in der zentralasiatischen Republik Kirgisien. Zwischen 200 und 2000 Menschen sollen zu Tode gekommen, Tausende auf der Flucht sein. Bei den Opfern handelt es sich mehrheitlich um die usbekische Minderheit in Kirgisien, die in den nahe der usbekischen Grenze liegenden Städten Osch und Dschalalabad angegriffen wurden. Rußland wurde von der Übergangsregierung zum Eingreifen gebeten, lehnte aber vorerst ab.

Ersten Meldungen zufolge handele es sich um ethnische Unruhen. Doch bereits vor einigen Wochen wurden aus anonymer Quelle ein 40 Minuten langes Telefongespräch zwischen dem Sohn und dem Bruder des im April abgesetzten Staatsschef Kurmanbek Bakijew auf YouTube veröffentlicht. Darin wird detailliert das Vorgehen für einen Staatsstreich besprochen. Diese Planungen decken sich nun erstaunlich genau mit den Beobachtungen, welche die UN-Kommissarin für Menschenrechte Navanethem Pillay aus Augenzeugenberichten gesammelt hat.

Laut Pillay gab es in Osch fünf parallele Überfälle von vermummten und bewaffneten Tätern. Bakijews Sohn Maksim sprach in dem Telefonat: »Grausam, plötzlich und schnell! Sie sollten in 5 Gruppen zu 100 Leuten eingeteilt werden.« Maksim Bakijew wurde mittlerweile in Großbritannien bei der Einreise festgenommen.

Es es nicht bekannt, welcher Nachrichtendienst das offenbar authentische Gespräch abgefangen und veröffentlicht hat. Denn auch wenn anzunehmen ist, daß es sich um gezielt inszenierte ethnische Unruhen durch den abgesetzten Präsidenten und seinen Clan handelt, bleibt unklar, wie sich die umgebenden Staaten sowie Rußland und die USA verhalten, die beide Luftwaffenbasen in dem Land unterhalten.

Russland-Korrespondentin Sonja Zekri weist im Interview mit der Basler Zeitung darauf hin, daß die benachbarten, autoritär geführten Staaten kein Interessen an der geplanten Verfassungsreform und einer Demokratisierung Kirgisiens haben. Die Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa plant eine Abstimmung über die Einführung einer parlamentarischen Demokratie. Sie will offenbar an dem Referendum am 27. Juni festhalten; auch die UN und die EU unterstützen diese Haltung.