Medium NDR

Die netten Nachbarn mit dem Schlagstock

Die Hells Angels versuchen sich in der Provinz anzubiedern
Als Männer noch echte Männer waren: Rocker-Treffen in Berlin 2008
Als Männer noch echte Männer waren: Rocker-Treffen in Berlin 2008 Bild von Kris*M

Das öffentliche Bild bestimmt die Wahrnehmung: So versuchen die Mitglieder von Rockerbanden ein möglichst furchteinflößendes Bild zu vermitteln, um einzuschüchtern. Ihre Verstrickungen in organisierte Kriminalität – ob Menschen- oder Drogenhandel – sind bekannt und führen zu Ablehnung und Fahndungsdruck. Daher soll neben dem schlagfertigen Rocker zunehmend ein positives Bild des wohltätigen Spenders erzeugt werden. Insofern haben sich Mitglieder der Hells Angels die PR-Strategie von Großunternehmen abgeschaut, die Greenwash betreiben. Ein Beitrag des NDR zeigt, wie die Mär von freundlichen Rocker-Nachbarn in der Provinz beinahe verfängt; wären in Walsrode in der Lüneburger Heide nicht einige Bürger, die sich gegen die Vereinahmung von Stadt und Fußball-Verein zur Wehr setzen. So können Zivilcourage und investigativer Journalismus dem bürgerlichen Anstrich der Rocker einen Strich durch die Rechnung zu machen. Dagegen biedern sich Prominente wie der Werner-Zeichner Rötger Feldmann oder der Schauspieler-Darsteller Ben Becker bei den Kutten-Trägern an. Nicht umsonst ist die Hannoveraner Abteilung des Vereins in Deutschland am einflußreichsten: Dort ist ihr Anführer Frank Hanebuth bestens mit lokaler Politik und Wirtschaft vernetzt: Der berühmt-berüchtigten Hannover-Connection.

Gute Daten, böse Daten

Datenjournalismus ermöglicht anschauliche Einblicke in Strukturen
Datenjournalismus oder Kunst?
Datenjournalismus oder Kunst? Bild von blprnt_van

Die Wikileaks-Dossiers mögen ein prominentes Beispiel sein: Zumeist nutzt der neu entstehende Datenjournalismus aber öffentlich zugängliche Daten. Die Herausforderung besteht einerseits aus der Sammlung von Daten und einer ansprechenden optischen Aufbereitung. Anderseits allerdings bedarf es der Interpretation und der kritischen Hinterfragung. Dieser digitale Journalismus ermöglicht beispielsweise den Einblick in die Vergabe der Agrar-Subventionen der Europäischen Union, des größten Topfes des Staatenbundes. In interaktiven Grafiken wird deutlich, daß die meisten Gelder für Fischereiflotten nach Spanien fließen – oder aber welche Regionen in Afghanistan am härtesten umkämpft sind. Das Medienmagazin Zapp stellt einige Akteure  des Datenjournalismus vor. Weiterlesen … »

Irrationale Ängste?

Eine Reportage über die Risiken deutscher Atomkraftwerke
Was kommt da aus der Dose? <br/>Bild von marcos papapopolus
Was kommt da aus der Dose? Bild von marcos papapopolus

Wie gefährlich sind deutsche Atomkraftwerke? Sind die Behörden für den Katastrophenfall vorbereitet? Kann ein Störfall auch in Deutschland passieren? Diesen Fragen geht die Reportage Risiko Atomkraft in der Doku-Reihe 45 Min des NDR nach. Dafür filmt Gesine Enwaldt in Kraftwerken und befragt zahlreiche Fachleute. So sind die meisten Atomkraftwerke gegen Flugzeugabstürze unzureichend gesichert. Auch scheint die Vorsorge für den Krisenfall ungenügend – ebenso wie in Japan sind dafür die Betreiber zuständig. Bei einem Störfall ist es in den komplexen Systemen für die Schichtleiter schwierig, die Ursachen ausfindig zu machen und das Geschehen richtig zu interpretieren, so daß falsche Rückschlüsse möglich sind. Weiterlesen … »

Kein Raum für Träume

Sozialreportage über das deutsche Bildungssystem

Die Sozialreportage hat in den deutschen Medien nicht gerade Hochkonjunktur. Anja Reschke gibt bei NDR 'Panorama – die Reporter' Anschauungsunterricht. Sie zeigt die Lebensrealität von Schülern in Hauptschulen und in einem Eliteinternat. Ihr Bildungsweg ist zumeist durch das Elternhaus geprägt. Die Chance, die soziale Herkunft zu überwinden – die soziale Mobilität – ist in Deutschland gering. Auch wenn in der Politik häufig die Bedeutung der Bildung für Chancengleichheit betont wird, zementiert das deutsche Bildungssytem eher die sozialen Schranken. Dieser in der Wissenschaft kaum bestrittenen Tatsache gibt die Autorin Namen und Gesichter.

Märchenstunde

Die deutsche Beihilfe zur Rechtfertigung des Irakkriegs

Viel ist darüber geschrieben worden, wie die amerikanische Regierung versuchte, den Irakkrieg mit vorgeblichen Belegen für Massenvernichtungswaffen zu rechtfertigen: ein Lehrbuch über Betrug durch Regierungen. Doch auch die deutsche Regierung unter Schröder, die sich öffentlich von dem Krieg distanzierte, hat hinter den Kulissen an den Märchen mitgestrickt. Bereits im März 2008 stellte der Spiegel dar, wie der Bundesnachrichtendienst einem Exiliraker in der Rolle des Lügenbarons Informationen abkaufte, welche den Amerikanern als zentraler Beleg für ein verdecktes Waffenprogramm diente. Dabei haben weder der BND noch die Amerikaner die Quelle überprüft, frei nach dem Motto: Wer suchet, der findet. Die ARD hat nun eine Sendung über den Fall ausgestrahlt, die den Zusammenhang nochmals darstellt. Bislang mußte sich niemand im Sicherheitsapparat für die Kriegslügen verantworten. Vielmehr zahlte der BND dem irakischen Informanten weiterhin ein Schweigegeld. Erst vor kurzem wurde das »Arbeitsverhältnis« beendet. Weiterlesen … »

Seltsame Selbstmorde

Von Pressefreiheit ist in Weißrussland keine Rede

Mitte Dezember sind Präsidentschaftswahlen in Weißrussland; an der Freiheit der Wahlen gibt es Zweifel, einige Beobachter sehen in dem Präsident Alexander Lukaschenko den letzen Diktator in Europa. Birgit Gärtner erstellte auf Telepolis ein Porträt der politischen Lage des Landes, welches keinen Zweifel an der autoritären Staatsführung läßt. Interessant ist, wie die Herrschaft über das Monopol des Pressvertriebs gesichert wird; ebenso, daß das Land dem Westen auch deshalb ein Dorn im Auge ist, weil es sich lange der Privatisierungspolitik widersetzt hat.

Aufgrund der staatlichen Medienvorherrschaft sind in dem Land die Netzmedien besonderns wichtig als Oase unabhängiger Berichterstattung. Entsprechend groß war das internationale Medienecho, als einer der Initiatoren der Netzplattform Charta97 aus dem Leben schied. Laut Staatsanwaltschaft steht ein Selbstmord fest, die Zweifel daran sind jedoch überwältigend. NDR Zapp ist nach Minsk gefahren, um den Fall zu dokumentieren.

Kampf um die Stadt

Hamburg als Vorposten der Kritik an der Stadtpolitik

In Hamburg hat eine seltene Allianz von Bürgern, Künstlern und Autonomen ein Zeichen des Unmuts gegen eine Stadtpolitik in Deutschland gesetzt, die ihr Heil in der kommerziellen Aufwertung vormals sozial schwacher Bezirke sucht. Nicht nur im Schanzenviertel explodieren die Mietpreise, Investoren haben in vielen deutschen Städte Innenstadtbezirke wie St.Pauli oder Kreuzberg als Anlageobjekte entdeckt. Ein Feature des NDR von Ute Jurkovics und Gudrun Kirfel leuchtet die soziale Situation und die Spannungen in der Schanze aus der Perspektive ihrer Bewohner aus und zeigt, was eine Reportage ausmacht. Der Erfolg der Kritiker der Stadtumstrukturierung liegt nicht zuletzt an der Fähigkeit der Szene, ihren Standpunkt öffentlich darzustellen, wie in der sehenswerten Dokumentation Empire St.Pauli.

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