Presseschau Beitrag
Zwei Türme verloren
Der afghanische Präsident Hamid Karsai verlor innerhalb weniger Tage zwei der wichtigsten Figuren in seinem Machtnetzwerk: Sowohl sein Halbbruder Ahmed Wali Karsai, der über Kandahar im Süden herrschte, als auch Dschan Mohammed Khan, der die benachbarte Provinz Urusgan kontrollierte, fielen Mordanschlägen in Kabul zum Opfer. Bereits Ende Juni gelang den Aufständischen ein Angriff auf das Intercontinental in Kabul. Damit ist deutlich geworden, daß die Regierung nicht einmal in der Hauptstadt die Kontrolle ausübt. Die amerikanischen Pläne für eine geordnete Machtübergabe sind somit völlig in Frage gestellt.
Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network sieht in der taz ein strategisches Patt in dem Land, in der keine Seite einen Sieg davontragen kann. Die verfahrene Lage wird auch an der außergewöhnlich hohen Zahl an Toten in diesem Jahr deutlich. Ruttig zeigt in einem kurzen Porträt des getöteten Dschan Mohammed Khan die inneren Machthandel in einer Provinz auf: Das Netzwerk um Karsai nutzte das Bündnis mit den Allierten, um Rivalen im Inneren auszuschalten. Offen bleibt, ob mit deren Abzug eine Neuauflage des Bürgerkrieges droht oder die Konfliktparteien doch auf einen Ausgleich hinarbeiten.