Presseschau Beitrag

Six Feet Under.

Der kommende Aufstand?
30 Millbank after protest vandalism <br/>Commons
30 Millbank after protest vandalism Commons

»Der kommende Aufstand«, so heißt eine politische oder – je nach Perspektive – anti-politische Streitschrift, die, 2007 zunächst auf Französisch erschienen, stets höhere Wellen schlägt. Mit der deutschen Übersetzung ist das Pamphlet nun auch im hiesigen bürgerlichen Feuilleton angekommen. Fast wohlwollender wird es dort breitgeredet, als vor längerer Zeit schon in TAZ und Jungle World.

Die FAZ mutmaßt, der Text könnte auf dem besten Weg sein, »das wichtigste linke Theoriebuch unserer Zeit« zu werden. Nur: wie sie muss, wittert sie Chaos und Verfall und verlangt so, die »öffentliche Ordnung« zu wahren, gleichsam schon nach der starken Hand. Im Deutschlandradio steuert Peter Grottian konstruktive Kritik bei und gibt zu bedenken, es sei »Vorsicht angesagt mit der Parole, die Revolution steht vor der Tür.« Er freut sich über einen spürbar aufkommenden demokratischen Unwillen, der sich nicht so leicht mehr zwischen die engen Ufer der überkommenen Kanäle seiner Äußerung eindämmen lässt. Die Süddeutsche zögert nicht, das Büchlein zum »Weißbuch des Überlebens in stürmischen Zeiten« zu küren. Und der Freitag fühlt sich als »Avantgarde« und besteht – bei so viel Aufmerksamkeit von den großen Zeitungen – auf seinen Lohrbeeren, denn er hat schon vor Monaten auf das Bändchen hingewiesen.

Die »beste Rezension« hat allerdings, bereits im letzten Jahr, der Fox-Kommentator Glenn Beck zustande gebracht, und dies sogar noch bevor er das Büchlein selbst gelesen hat. Alle Achtung!

Was denn? Sind hierzulande nun also ähnliche Zustände zu erwarten, wie gegenwärtig im Geburtsland der Demokratie oder jüngst in jenem des egalitären Terrors? Haben wir bald schon mit Chaos und Anarchie zu rechnen? Wohl kaum. Wer könnte sich das wirklich vorstellen? Die Deutschen, schrieb Karl Marx einmal, ihre »Hirten« vorneweg, hätten sich »immer nur einmal in der Gesellschaft der Freiheit« befunden: »am Tag ihrer Beerdigung.«  Zwischen Rhein und Oder, in den Breiten von Neo-Preußentum und im Land der Studien über den autoritären Charakter, arriviert die Restauration gewöhnlich schon vor jeder Revolution.

Kommentare

Diskussion

… aber auf dem gleichen Mist.

… aber auf dem gleichen Mist.

Berliner Zeitung

https://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/1127/meinung/0075/index.html

Gestern, in einem völlig themenfremden Artikel, erwähnt Hauffner das Buch erneut, so ganz nebenbei, um die Radikalität der Analyse in der Serie ‘Mad Men’ zu illustrieren.

‘Haufler’ heißt der

‘Haufler’ heißt der Feuilletonchef dort.

onkelhafte faz

Kaube führt zwar Thumfart treffend vor, trivialisiert die Schrift selbst aber als Ausdruck jugendlichen Affekts, nicht viel mehr als ein wenig ödipales Gehabe, das nicht weiß was es will, oder wozu das führe, was es will. Die Figur ist bekannt. (Die Koinzident der Konfrontation weiterbestehender NS-Seilschaften, über breite Strecken, mit einer generationellen Abstufung, hat auch vielen gereicht, jede inhaltliche Diskussion hinter letzterer verschwinden zu lassen und abzuwehren.) Das ist der konservative Reflex so saturierter Apologeten der vermeintlich am-wenigsten-schlechten-Ordnung. So onkelhaften Schreibern fehlt ein wenig jugendlicher Affekt zur Erträglichkeit.

Restauration in der Überholspur

»… Zwi­schen Rhein und Oder, in den Brei­ten von Neo-Preu­ßen­tum und im Land der Stu­di­en über den au­to­ri­tä­ren Cha­rak­ter, ar­ri­viert die Re­stau­ra­ti­on ge­wöhn­lich schon vor jeder Re­vo­lu­ti­on.«

Siehe TAZ und FAZ!