Presseschau Beitrag

Selbstverteidigung am Ende

Merkel rückt von Guttenberg ab

Laut Spiegel-Online hat sich das Bundeskanzleramt positioniert: Wenn Dr. Karl Theodor Freiherr von und zu Guttenberg der Doktortitel aberkannt wird, so muß er zurücktreten.

»Dann«, so heißt es in CDU-Kreisen, »lässt sich die Person Guttenberg nicht mehr vom Politiker Guttenberg trennen.«

Somit lastet ein gewaltiger Druck auf der zuständigen Kommission der Universität Bayreuth – ein einmaliger Vorgang. In Anbetracht der Tatsache, daß die zentralen Gedanken der Arbeit offenbar abgeschrieben sind, kann die Universität allerdings nur die Doktorwürde aberkennen, will sie ihren Ruf wahren und nicht als Plagiatsfabrik gelten. Somit ist der Rücktritt nur eine Frage des Zeitpunkts, an dem diese Erkenntnis zum Bundesminister vordringt.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung untersucht die Rolle der Internetplattform GuttenPlag bei der Enthüllung des Betrugsfalls: womöglich die Keimzelle eines investigativen Wikiportals in Deutschland. In einem bemerkenswerten Beitrag im Stern stellt Florian Güßgen die Positionen von Befürwortern und Gegnern Guttenbergs dar und beschreibt eine besorgniserregende Tendenz zur Irrationalität sowie eine Sehnsucht nach einer enthobenen Lichtgestalt:

Unabhängig von dieser Entwicklung mutet der Ton der Auseinandersetzung schon jetzt verstörend an, vielleicht sogar ein wenig besorgniserregend. Was nämlich die Argumente der Guttenberg-Anwälte gemein haben, ist eine Abkehr von jedwedem Rationalismus.

Nachtrag

Die Ansicht, daß Guttenberg sich durch die Inszenierung seiner Person bewußt zwischen einer rationalen Beurteilung seiner Politik und die Öffentlichkeit stelle, teilt auch Stephan Hebel von der Frankfurter Rundschau. Daß er nun an seiner öffenlichen Figur gemessen werde an Stelle seiner Politik, sei insofern nur gerecht.

Ein eindeutiges Urteil über die einzig mögliche Reaktion der Uni Bayreuth gibt auch der Wissenschaftler Peter Landau, vormaliger Jura-Dekan der LMU München, ab. Insofern ist mit einem Rücktritt Guttenbergs in den kommenden Tagen zu rechnen.

Neuerlicher Nachtrag und Kommentar

Guttenberg hat sich zu Wort gemeldet und versucht durch ein letztes PR-Manöver seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen: Bei einer Partei-Rede gesteht er unbeabsichtigte Fehler ein: er habe bisweilen den Überblick verloren und will dauerhaft den Doktorgrad nicht führen.

Damit versucht er offenbar, die öffentliche Iniative zurückzugewinnen. Er kaschiert jedoch, daß 1. er bei seinem vormaligen Auftritt gelogen hat, daß es sich 2. bei mindestens 21,5% plagierten Reintextes keineswegs um ein Versehen oder Überforderung handelt, und daß 3. es nicht an ihm liegt, den Titel zurückzunehmen, sondern an der Universität, diesen abzuerkennen.

Die Strategie ist klar: Er spielt nun den reuigen Sünder und will sich mit Hilfe einer großen Zahl offenbar schlecht informierter Menschen in der Bevölkerung in eine Art Opferposition bringen: »Er hat es doch zugegeben«. Der unvermeidlichen Aberkennung des Grades soll der Nachrichtenwert genommen werden.

So lange hat es gedauert, daß seine PR-Agenturen eine Notstrategie ausgarbeitet haben. Somit bleibt er sich in  seiner Verlogenheit und Unaufrichtigkeit treu. Umso mehr ein Grund, seinen Rücktritt zu fordern.

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An Deutlichkeit läßt es auch Lutz Kinkel auf Stern online nicht fehlen, da er in Guttenberg den notorischen Lügner erkennt.

Kommentare

Klicks gekauft?

Huch, sollten die pro-Guttemberg-Klicks auf facebook schlicht zusammengekauft sein? Wenn facebook jetzt schon eine zeitgemäße Form demokratischer Willensbildung sein soll, dann wäre das ja glatt: Wahlbetrug. Das wiederum passte natürlich zu dieser Bande.

http://hamlethamster.wordpress.com/2011/02/22/zu-guttenberg-facebook-fans-uber-das-wochenende-hektisch-zusammengekauft/

Abwarten

Bislang sind keine stichhaltigen Belege für eine Manipulation bekannt.

Hans Dampf in allen Gassen arbeitet daran:

http://saschalobo.com/2011/03/04/call-for-crowd-action-betrugt-die-guttenberg-seite-auf-facebook-mit-den-fan-zahlen/

M.E. sind solche Online-Demos ohne Namen und digitaler Unterschrift ohnehin aussagefrei. Die Doktorandeninitiative konnte einige zehntausende Unterschriften vorweisen.

Davon läßt sich bei den Guttenberg-Fans ja nichts erkennen.