Presseschau Beitrag

Die Schraube zurückdrehen

Die alten Eliten in Ägypten geben sich noch nicht geschlagen
Die Armee -- Garant der alten Ordnung? <br/>Foto von Kodak Agfa
Die Armee -- Garant der alten Ordnung? Foto von Kodak Agfa

Der Erfolg des Volksaufstandes in Ägypten ist keineswegs gesichert: Hinter den Kulissen positionieren sich die unterschiedlichen Fraktionen des alten Regimes. Bereits am vergangenen Donnerstag analysierte Jens Berger auf seinem Blog die Interessen der »Autokraten«, »Plutokraten« und »Technokraten«. Ian Black zeigte im Guardian, daß die Armee ein Interesse am Status quo hat – beherrscht sie doch große Teile der ägyptischen Wirtschaft. Peter Beaumont verdeutlicht im gleichem Medium anhand eines Erfahrungsberichtes, daß die Armee, entgegen ihrer bisherigen scheinbaren Neutralität, nun aktiv auch gegen ausländische Medienvertreter vorgeht; die Beobachtung, daß die Regierung ihre Zügel wieder straffer hält, bestätigt auch Matthias Gebauer im Spiegel.

Kommentar

Dies ist einerseits offensichtlich ein Resultat der Politik des neuen starken Mannes Omar Suleiman, der aus der Armee kommt und dort seinen Einfluß spielen läßt: Ein Teil der alten Elite hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, die Schraube der Revolte mit den alten bewährten Methoden zurückzudrehen. Andererseits wird hier das direkte Resultat der zögerlichen Haltung in den Führungsspitzen westlicher Staaten deutlich. Barack Obama schickte mit Frank Wisner gar einen alten Mubarak-Freund als Sondergesandten nach Kairo.

Zugleich ist die Bevölkerung in Deutschland, wie eine Umfrage des ARD-Deutschland-Trend zeigt, gegenüber der Errungenschaft der Demokratie und Meinungsfreiheit umso skeptischer, je weiter diese von ihrer Haustüre entfernt ist. Weit engagierter zeigen sich viele deutsche Medien, denen man eine offene Positionierung für den ägyptischen Aufstand sowie eine offene Kritik an der Trägheit ihrer Regierung kaum zugetraut hätte.