Presseschau Beitrag

EU im Blick

Wer kritisiert was an Europa?

Jens Berger hat zwei Arten von Kritikern an Europa ausgemacht: Die einen, fundamental-nationalen, möchten den weiteren Ausbau der EU generell stoppen oder gar aus dem Staatenbund austreten. Die anderen begrüßen die Integration prinzipiell, distanzieren sich aber von vielen einzelnen politischen Fragen.

Viel Unmut über Europa beruhe darauf, dass die nationalen Regierungen zwar EU-Regelungen – in Brüssel – absegnen oder initiieren, anschließend aber ebendiese zuhause gegenüber den Wählern nicht vertreten wollten. Aktuelles Beispiel dieser doppelbödigen Politik ist der Streit um den Mindeststeuersatz für Diesel.

Kommentar

Es ist zweifellos richtig, dass sich EU-Kritik aus ganz unterschiedlichen Quellen speist und deshalb nicht unbesehen in einen Topf geworfen werden kann. Und es ist auch klar, dass die EU erhebliche Defizite aufweist – vom vieldiskutierten Demokratiemangel bis hin zu einer unsozialen, neoliberalen Grundausrichtung.

Allerdings ist es fraglich, ob der Autor es sich mit seiner These, dies läge vor allem an einem Vermittlungsproblem zwischen Politik und Bürgern, nicht zu einfach macht. Denn die Frage ist doch: Warum wurde die EU so, wie sie heute ist? Warum handeln die Politiker so, wie sie es tun? Gerade in bürokratischen und intransparenten Strukturen wie in Brüssel sind Lobbyisten besonders effektiv. Und es sind nicht zufällig solche Institutionen wie der European Round Table, die dort ihre Vorstellungen in besonderem Maße durchsetzen können – mit Folgen für uns alle.