Presseschau Beitrag

Shopping Mall oder demokratische Öffentlichkeit?

Vom Marktplatz der Ideen zum Einkaufsparadies

Als vor zwanzig Jahren die ersten Browser online gingen, sahen die ideologischen Väter des Internets wie John Perry Barlow, Autor der „Declaration of the Independence of Cyberspace“ („Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace“), darin einen wichtigen Schritt hin zu mehr Gemeinschaft, Teilhabe und Kooperation. Ihre Utopie war ein Internet, das öffentlicher Raum sein sollte, ein Ort, an dem demokratische Öffentlichkeit gelebt wird, wo Ideen entwickelt und umgesetzt werden, die dem Wohl aller dienen.

Der Blogger und Journalist Evgeny Morozov beschreibt, wie das Internet schon sehr früh von Risikokapitalisten, die das Internet vor allem als Raum zur Realisierung unternehmerischer Gewinne sahen, mehr und mehr in Beschlag genommen und kommerzialisiert wurde. Ergebnisse dieser Entwicklung waren unter anderem der zunehmende Verlust der Privatsphäre bei Nutzern sozialer Netzwerke und die damit einhergehende Erstellung personalisierter Werbeangebote. So droht die Idee einer geteilten, gemeinschaftlichen Erfahrung des Internets zu einer individualisierten Erfahrung des Internets als Warenhaus zu verkommen. Als Antwort hierauf fordert Morozov, die Privatsphäre der Nutzer gegenüber Internetkonzernen durch Regulierung zu schützen und das Internet gesellschaftlich als öffentliches Forum zu definieren. Ziel wäre ein politisiertes, demokratisches Netz der Bürger, kein rund um die Uhr geöffnetes Warenhaus für Konsumenten.