Presseschau Beitrag

Stratege im Verteidigungsministerium

Guttenbergs Plan zur Selbstrettung

Dass es zu Guttenberg versteht, mit den Medien umzugehen, ist schon länger jedem Beobachter klar. Gerade anhand der aktuellen Vorwürfe um seine offenbar in weiten Teilen plagiierte Dissertation kann man seine Medienstrategie sehr gut dokumentieren. Albrecht Müller hat sie analysiert und einige wichtige Punkte herausgearbeitet: Der Täter wird zum Opfer von Presse und politischen Neidern stilisiert, gleichzeitig räumt er »menschliche Fehler« ein und entpolitisiert den Skandal. Letztlich gehe es auch darum, Zeit zu gewinnen und so das Thema aus dem öffentlichen Bewusstsein zu bringen. Mit dabei hilft übrigens die Bild, zum Beispiel hier.

Auch bei Spiegel Online findet sich eine in Teilen ähnliche Analyse. Hier wird zudem auf die Salami-Taktik verwiesen und die massive Unterstützung aus der Union. Denn angesichts der anstehenden Wahlen könnten sich Partei und Regierung keinen solchen Rücktritt leisten.

Kommentar

Es wäre natürlich noch hinzuzufügen, wie zynisch der Minister hier agiert. So hat er mehrfach in seinen Entschuldigungen explizit auf die aktuellen Todesfälle deutscher Soldaten hingewiesen und damit zum Ausdruck gebracht: Lasst mich in Ruhe, kümmert euch darum! Die Soldaten hätten wohl zu keinem günstigeren Zeitpunkt sterben können.

Man darf gespannt sein, ob die Krise nun nach der - rechtlich gar nicht möglichen -  »Rückgabe« des Doktortitels schon überstanden ist. Es sieht jedoch ganz danach aus; vor allem, wenn die Entscheidung der Universität Bayreuth noch eine Weile auf sich warten lässt und so zur Randnotiz verkommt. Dass sie, will sie ihre eigene Integrität nicht angreifbar machen, den akademischen Grad aberkennen muss, steht angesichts der erdrückenden Faktenlage außer Zweifel.

Kommentare

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Ergänzung

Jens Berger hat sich mit einer für Bild geradezu peinlichen eigenen Umfrage beschäftigt. Und mit den Querverbindungen zwischen dem Springerblatt und einer ominösen Facebook-Kampagne. Sehr lesenswert!

http://www.spiegelfechter.com/wordpress/5142/die-pro-guttenberg-kampagne-im-zwielicht#more-5142

Bild des Benutzers Axel Weipert

Zweite Ergänzung

In einem aktuellen Spiegel-Artikel heißt es:

»Verteidigungsminister Guttenberg will seinen Doktortitel abgegeben - dafür aber im Amt bleiben. Härter trifft es Studenten an den Bundeswehr-Unis: Wer dort schummelt, muss mit dienstrechtlichen Konsequenzen rechnen. In mehreren Fällen wurden Abschreiber degradiert«

Siehe hier: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,747293,00.html

Einschätzung

Der Herr (Selbst-)verteidgungsminister erzählt er sei etwas durcheinandergekommen bei all dem Text.

  1. Der erste Absatz der Einleitung der Arbeit ist ist aus der Zeitung kopiert. Niemand kann behaupten, daß nicht zu wissen. Jeder Akademiker weiß, wie er sein Thema einleitet.
  2. Ergo lügt Gutteneberg hier.
  3. Wurden insbesondere an dieser Stelle Textstellen umgeschrieben. Dies ist ein zweifelsfreier Nachweis eines Vorsatzes.
  4. Niemand wird so dumm sein, den ersten Absatz der Einleitung der Diss zu fälschen, auch Gutti nicht – zudem mit einem nachweislichen Vorsatz. Das ist die erste Stelle wo man suchen würde.
  5. Somit muß es sich um einen Ghostwriter handeln, der Gutti eins auswischen wollte. Auch ein Ghostwriter, der eine solch komplexe Arbeit zusammenstellt, kann nicht so dumm sein – das ist Absicht.

Alles andere ist unplausibel. Wenn ein solcher Fälscher und Lügner damit durchkommt, dann gute Nacht. Wenn Gutti nicht zurücktritt, haben wir die politische Kultur der Weimarer Republik heute betreten.

Dazu auch Florian Güßgen im Stern: