Presseschau Aufbruch in Arabien

Kampf um die Zukunft

Militär und Opposition ringen um den Fortgang der Revolution in Ägypten
Kundgebung auf dem Tahrir-Platz Anfang Juli
Kundgebung auf dem Tahrir-Platz Anfang Juli Bild von mmoneib

Der Kampf um die Zukunft des Landes dauert in Ägypten an. Viele, die für ein Ende des Mubarak-Regimes gekämpft haben, trauen dem Militärrat und der Übergangsregierung nicht über den Weg; sie fürchten um die Revolution. So wurden bislang kaum Vertreter des alten Systems für ihre Taten verurteilt, die Prozesse werden häufig verschoben. Daher wird der symbolische Tahrir-Platz wieder besetzt gehalten, immer wieder kommt es zu schweren Auseinandersetzungen. Das ägyptische Militär kontrolliert große Teile der Volkswirtschaft, so daß in Frage gestellt wird, ob es sich mit einer dienenden Rolle im neuen Staat zufrieden geben wird.

Umstritten ist auch der Termin für Wahlen im September, da die Zeit nicht ausreicht, um die zahlreichen Gruppierungen der politischen Bewegung in wahlfähige Parteien und Bündnisse zu verwandeln. Die Wahlen dürften nicht unwesentlich über die zukünftige Struktur des Landes entscheiden.

Harte Strafen statt offener Diskussion

Die Entwicklung in Bahrain

Im Februar gab es ähnlich wie in Tunesien und Ägypten auch in Bahrain eine breite Protestbewegung. Sie wurde aber mit Waffengewalt niedergeschlagen. Nun hat ein Gericht 21 »Rädelsführer« zu langen Haftstrafen verurteilt. Das geschah ohne stichhaltige Beweise und vor allem mit der Begründung, die Angeklagten stünden mit der Hisbollah und dem Iran in Kontakt.

Der für Juli angekündigte »nationale Dialog« wird so schon vorab zur Farce. Denn die wirklich kritischen Geister sitzen nun hinter Gittern oder wurden mit derartigen Drohungen mundtot gemacht. Der Aufbruch in Bahrain ist jedenfalls längst vorbei, die mächtige Königsfamilie hat ihre Macht gesichert.

Eskalation durch die Hintertür

Die militärische Lage in Libyen
Ein französischer Helikopter vom Typ "Tiger" <br/>Foto von Rubbel
Ein französischer Helikopter vom Typ "Tiger" Bild von Rubbel

Auch wenn die Medien sich mittlerweile anderen Themen zugewandt haben: In Libyen gibt es immer noch schwere Kämpfe, täglich sterben Menschen. Nun hat die NATO ihre Angriffe deutlich verstärkt. Einerseits wurden massive Bombardements gegen die Marine des Landes durchgeführt, andererseits wollen Großbritannien und Frankreich Kampfhubschrauber dorthin schicken. Nach wie vor bleibt die Lage undurchsichtig. Ob und wie viele Zivilisten durch die westlichen Angriffe umkamen, lässt sich kaum ermitteln, zu widersprüchlich sind die Angaben beider Seiten.

Falscher Fokus

Der syrische Präsident wurde von den Unruhen überrascht
Al-Assad-Herrschaft am Ende? Ausgebranntes Auto in Banyas im April <br/>Foto von syriana2011
Al-Assad-Herrschaft am Ende? Ausgebranntes Auto in Banyas im April Foto von syriana2011

Der syrische Präsident Bashaar Al-Assad setzt die Politik seines Vaters Hafiz fort, meint Patrick Seale in der aktuellen Le Monde diplomatique. Dazu gehört die Fixierung auf die außenpolitische Rolle des Staates, eine komplexe Konstellation aus Gegnern und Allianzen in der Region. Seine Herrschaftsclique habe damit gerechnet, daß diese eigenständige Politik Syrien vor inneren Unruhen bewahre. Diese Einschätzung zeige sich nun als »großer Irrtum«. Zwar haben viele Protestler durchaus gehofft, daß Bashaar ein Katalysator des Wandels werden kann, doch in der Machtclique um die Assad-Familie seien substantielle Zugeständnisse an die Protestbewegung nicht durchzusetzen. Weiterlesen … »

Demokratie wozu?

Die Ursachen der Revolten in Arabien

Sebastian Müller betrachtet einerseits die Darstellung der Aufstände in den westlichen Medien, andererseits sucht er nach einer alternativen Erklärung. Seiner Meinung nach war der Ruf nach mehr politischer Mitsprache nur die »Begleitmusik« für das eigentliche Anliegen: Die Verbesserung der eigenen, von Armut und beruflicher Ungewissheit gekennzeichneten Existenz.

Hätte der Westen sich mit dieser Frage eingehender beschäftigt, wäre auch dessen Politik im arabischen Raum mit unangenehmen Fragen konfrontiert worden. Denn man arbeitete jahrzehntelang mit den Regimes zusammen; erst ihr Sturz führte zu einer hektischen Neuorientierung. Weiterlesen … »

Das Eis schmilzt

Die Lage in Ägypten

Noch ist vieles unklar im Land am Nil. Zunächst hat es die Lage beruhigt, als die Söhne des bisherigen Machthabers verhaftet wurden – ebenso wie zahlreiche andere alte Politgrößen. Andererseits sind viele in Sorge, dass das Militär nicht entschlossen genug den Wandel vorantreibt, sich mit kleinen Zugeständnissen am Ende gar dauerhaft an der Macht halten will.

Die politische Landschaft ist unübersichtlich nach dem Verbot der Regierungspartei NDP. Die neuen Kräfte sind noch kaum organisiert, und die Muslimbrüder durch innere Auseinandersetzungen geschwächt zwischen radikalen Islamisten und Reformern. Letztere lehnen eine konsequente Islamisierung des Landes ab und finden sich vor allem unter den jüngeren Mitgliedern.

Reine Spekulation

Die zweite Preisspirale bei den Lebensmittelpreisen ist die Triebfeder für weltweite Unruhen
Lebensmittelpreisentwicklung: Die zweite Blase binnen 5 Jahren
Lebensmittelpreisentwicklung: Die zweite Blase binnen 5 Jahren

Stehen die Revolutionen und Revolten in Nordafrika und im Nahen Osten durchaus in der öffentlichen Aufmerksamkeit, wird einer der zentralen Gründe mit einer gewissen Ratlosigkeit eher am Rande erwähnt: Die seit Frühjahr dramatisch ansteigenden Lebensmittelpreise auf den Weltmärkten. Ralf Streck näherte sich dem Phänomen mit einer exzellenten Analyse. In zahlreichen Ländern Afrikas, Asiens und Südamerikas führen die Lebensmittelpreise zu Hunger und innerer Instabilität wie zuletzt bei den Hungerrevolten 2008. Weder die forcierte Biospritproduktion noch der ebenfalls rasant steigende Ölpreis können der entscheidene Grund für die Preisblase sein, auch wenn sie einen gewissen Einfluß haben. Vielmehr sorgt die lockere Geldpolitik der Notenbanken für Spekulationen auf den Märkten für Rohstoffe und Grundnahrungsmittel. Weiterlesen … »

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