Presseschau Netzöffentlichkeit

Wer okkupiert hier wen?

Einige interessante Gedanken aus der Blogosphäre

Die Occupy-Bewegung setzte nicht nur tausende von Menschen in Bewegung, sondern auch die deutsche Blogosphäre. Einhellig werden die Proteste hier begrüßt, die Grundanliegen geteilt. Roberto De Lapuente bemängelt, die Darstellung in den großen Medien gebe diese Anliegen allzu verkürzt wieder: Es gehe nicht nur um eine Kritik an den Banken, sondern an der neoliberalen Wirtschaftsordnung und -politik insgesamt. Sebastian Müller sieht vor allem Legitimationsdefizite des aktuellen demokratischen Systems als Ursache der Proteste und wünscht sich klarere Forderungen. Jacob Jung setzt genau hier an und versucht sich an einer Formulierung von – allerdings recht unbestimmt gehaltenen – Zielen. Weiterlesen … »

Randphänomen

Die Rolle von Blogs in Deutschland

Anders als in vielen Ländern spielen Blogs hierzulande keine entscheidende Rolle in der Medienlandschaft. Weniger Leser und weniger Aufmerksamkeit von Seiten der etablierten Blätter und Sender gehen nach Ansicht mancher Blogger auf eine grundsätzliche Skepsis in Deutschland zurück: Das Internet hat oft einen unseriösen Ruf, hinzu kommt ein gewisser Traditionalismus, gerade gegenüber technischen Innovationen.

Ob sich das in Zukuft ändert, darüber gehen die Meinungen auseinander. Ein gravierendes Problem besteht auch darin, dass sich mit Blogs kaum Geld verdienen lässt, diese also eher als Nebenjob oder - in den meisten Fällen - nur als Hobby betrieben werden können.

Schreiben im permanenten Ausnahmezustand

Über Blogger in Ägypten im Kampf für die Meinungsfreiheit
Auch der Blogger Mohammed al-Sharqawy landete im Gefängnis <br/>Foto von madmonk
Auch der Blogger Mohammed al-Sharqawy landete im Gefängnis Foto von madmonk

Ägypten ist eine Präsidialrepublik, in der seit 40 Jahren Ausnahmezustand herrscht. Der ohnehin starken Regierung erlaubt dieser, sich über Gesetze hinwegzusetzen, jüngst wurde er verlängert. Doch mit den Bloggern ist ein unkontrollierbares Medium entstanden: Viele landen ohne Verfahren im Gefängnis, aber es sind zu viele, um sie alle einzusperren. Jörg Armbruster poträtiert für den ARD Weltspiegel einige mutige Blogger, die vor der de-facto Diktatur nicht zurückschrecken: Sie berichten über schlechte Arbeitsbedingungen, mangelnden Minderheitenschutz, Polizeigewalt und Folter.

Der seltsame Rücktritt

Horst Köhler sprach aus, was in breiten Kreisen Konsens ist
Sturmfreie Bude im Schloß Bellevue <br/>Foto von Willem van Bergen
Sturmfreie Bude im Schloß Bellevue Foto von Willem van Bergen

Für Irritationen und Empörung hat das Interview des Deutschlandfunk mit dem Bundespräsidenten Horst Köhler gesorgt. Dabei ist eine an wirtschaftlichen Interessen orientierte Außenpolitik der Bundesrepublik längst in zahlreichen militärischen Planungspapieren seit 1992 festgeschrieben worden, ohne daß diese — verfassungsrechtlich äußerst fragwürdige — Politik für viel Aufregung gesorgt hätte. Diesen Widerspruch zwischen öffentlicher Empörung und dem stillschweigenden Umbau der deutschen Außenpolitik arbeitet der Blog Fahrtenbuch anhand zahlreicher Dokumente heraus, darunter ein sicherheitspolitisches Planungspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion von 2008: Weiterlesen … »

Wechselwirkung

Das Verhältnis von Blogosphäre und Journalismus

Die digitale Revolution hat unzählige Informationsangebote aus dem Hut gezaubert – jeder kann nun Publizist sein. Neben privaten Tagebüchern ist dem klassichen Jounalismus auch eine Konkurrenz erwachsen. Brigitte Baetz hat sich die bekannteren Projekte angeschaut und deren Macher interviewt: Sie interessiert die Auswirkungen auf die Medien, denn die Methoden der Recherche haben sich längst verändert, und bei den Blogs stellt sich die Frage, ob sie sich an den Qualitätkriterien des Journalismus messen lassen sollen.

Eine Allianz, die zeigt, dass Blogs längst Teil des Mediensystems sind, nicht unbedingt schlechter, aber auf jeden Fall auch nicht besser als das, was klassischer Journalismus zu leisten vermag. Im Gegenteil - je mehr Menschen sich über das Internet informierten, desto wichtiger würden die Tugenden des herkömmlichen Journalismus: ausreichende Recherche, Überprüfung der Quellen, Unabhängigkeit.

Schreibende Netze

Blogs als Gegenöffentlichkeit in Osteuropa
Internetcafe in Jekaterinenburg <br/>Foto von macloo
Internetcafe in Jekaterinenburg Foto von macloo

Mit Kulturama ist neben maiak und dem Eurasischen Magazin ein schönes Portal für Osteuropa entstanden. Betrieben wird die Webseite mit dem Schwerpunkt Kultur von n-ost, einem Netzwerk, das auch für den Auftritt von Eurotopics die Inhalte produziert. Verschiedene Korrespondenten berichten über die Blogosphäre in Rußland und Weißrußland. Während in Rußland eine alternative Öffentlichkeit zu den vom Kreml dominierten Medien enstanden ist, haben die Blogger in Weißrußland mit einem repressiveren Regime zu kämpfen. In einem Videointerview kommt der russische Blogger Anton Nossik zu Wort.

Mythos Internet

Ein Vortrag kritisiert den Glauben an die digitale Bürgergesellschaft

Einen spannenden Diskussionsbeitrag zur Digitalisierung der Medien stellt der Vortrag Habermas 2.0 – Öffentlichkeit im digitalen Zeitalter des Medienwissenschaftlers Viktor Mayer-Schönberger auf dem Symposium der Landesmedienanstalten in Berlin dar. Nach einem Überblick zur Entstehung der bürgerlichen Öffentlichkeit im 19. Jahrhundert greift er den Mythos des Netzes als Bürgergesellschaft an. Denn hier entständen wenig qualitative Medienbeiträge, sondern vielmehr Informationsmittler. Zugleich finde eine enorme Konzentration der Wahrnehmung statt. DRadio Breitband kommentiert seinen Beitrag.

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