Presseschau Beitrag
Schlafende Hunde
Die »rote Zelle« der CIA (CIA Red Cell) soll kontroverse Denkanstöße innerhalb des Geheimdienstes geben. Anstoß erregt ein Memorandum nun auch außerhalb der CIA; denn am vergangenen Freitag veröffentlichte Wikileaks ein Papier, in dem »maßgeschneiderte Botschaften« für die französiche und deutsche Öffentlichkeit vorgeschlagen werden. Diese sollen die Akzeptanz für den Afghanistan-Einsatz erhöhen. Die Gleichgültigkeit der Bevölkerung habe es bisher den Regierungen ermöglicht, ihre Wähler zu ignorieren. Die CIA erwartet jedoch einen »blutigen Sommer« mit Opfern bei ihren Aliierten und in der Zivilbevölkerung. Daher drohe, daß aus einer passiven Ablehnung in der Bevölkerung aktiver Widerstand gegen den Krieg werde – die niederländische Regierung ist bereits an dem Kriegseinsatz zerbrochen. Die taz berichtet über das Dokument, »dessen Echtheit bisher noch unbestätigt ist«, Hintergrund übersetzt einen Bericht von Daniel Tencer auf der Internetplattform »the raw story« dazu.
»Public Apathy Enables Leaders To Ignore Voters«
Das Memorandum analysiert die Debatte in Deutschland und Frankreich und leitet daraus Vorschäge zur Manipulation der öffentlichen Meinung ab. Die Konsequenzen eines Rückzugs der NATO sollen in Deutschland »dramatisiert« werden: Das Land sei dann vermehrt der Gefahr terroristischer Anschäge ausgesetzt; Drogenimporte und Flüchtlinge würden deutsche Interessen bedrohen. In Frankreich dagegen sollen afghanische Frauen als Botschafter die menschliche Seite des ISAF-Einsatzes darstellen. Zudem solle verstärkt auf die große Popularität des amerkanischen Präsidenten in Europa gesetzt werden.
Verschiende Blogs weisen darauf hin, daß Vorschläge zur Manipulation der öffentlichen Meinung in Europa auf die Existenz von Einflußagenten in europäischen Medien hindeuteten:
Das Beeinflussungsprogramm, das die CIA zur Indoktrination – vor allem der Franzosen und Deutschen – vorschlägt, macht nur dann Sinn, wenn die US-Geheimdienste sichere Zugänge zu den europäischen Leitmedien haben und in allen wichtigen Zeitungen und Sendern über verlässliche Multiplikatoren verfügen, die ihre manipulierten und manipulierenden Nachrichten auch wirklich unters Volk bringen.
– Womblog
Dies ist allerdings reine Spekulation – obwohl es interessant gewesen wäre, die Vorschläge mit reeller Berichterstattung zu vergleichen, wenn dieses Papier einige Monate später veröffentlicht worden wäre. Ob eine verdeckte Einflußnahme wirklich notwendig ist, bleibt fraglich. Denn die offenen Einflußkanäle bieten bereits viele Möglichkeiten; ein Beispiel ist der »German Marshall Fund«. Dennoch sollte nicht vergessen werden, daß verdeckte Einflußnahme im Kalten Krieg gängig war – solche Kanäle verschwinden nicht einfach.