Gekaufter Glamour
Schon seit einiger Zeit wird intensiv über Katars neue Rolle als Ausrichter wichtiger globaler Sportevents diskutiert. Es geht um Korruption bei der Vergabe der Fußball-WM 2022 und um die Arbeitsbedingungen auf den Stadienbaustellen. Aktuell anlässlich der Handball-WM, die ebenfalls in Katar stattfindet, bekommt dieses Bild noch weitere Facetten. Der Philosoph Gunter Gebauer thematisiert dieses Retortenspektakel:
Das ganze Sportsystem in Katar ist pervers. Der moderne Sport, insbesondere der Handball, hat gar keinen Ort in Katar, weil er die Bewohner nicht interessiert. Zudem wurden diese großen Stadien gebaut - und werden noch gebaut für die Fußball-WM 2022 - und mit Zuschauern gefüllt, die für das Zuschauen bezahlt werden. Da werden ein künstliches Publikum und eine künstliche Sportbegeisterung in einer künstlichen Sportwelt geschaffen.
Offenkundig geht es bei solchen Veranstaltungen nicht mehr vorrangig um den Sport selbst. Es geht um Repräsentation und politischen Einfluss; für diese Ziele wird der Sport instrumentalisiert. Um die Werbewirkung für das katarische Herrscherhaus der Al Thanis noch zu verstärken, kommt bei der Handball-WM noch eine überaus fragwürdige Praxis hinzu. Sportjournalisten wird ein rundum-sorglos-Paket offeriert, einschließlich kostenlosem Flug und Hotelunterkunft. Insgesamt 680 Journalisten nahmen dieses Angebot an - und kein einziger von ihnen macht diese Abhängigkeit seinen Lesern gegenüber transparent.
Von Nord nach Süd
Mehrere zehntausend Nordkoreaner leben im Süden der Halbinsel, in der Regel haben sie eine abenteuerliche Flucht und traumatische Erfahrungen hinter sich. Sie mussten gehen, weil sie selbst oder ihre Familie politisch verfolgt wurde. Mancher hoffte auch einfach auf ein besseres Leben.
Dennoch sind sie fremd im eigenen Land, wie Fabian Kretschmer schreibt. Denn sie teilen nicht die kulturellen Prägungen und Wertvorstellungen ihrer südlichen Landsleute. Oft werden sie auch verdächtigt, Spione oder Kriminelle zu sein. So tun sie sich schwer, einen Platz in der Gesellschaft zu finden. Auch daran zeigt sich, dass der Weg zur Wiedervereinigung ein sehr langer sein wird.
Olympia - Fluch oder Segen?
Aktuell bringen sich Hamburg und Berlin in Stellung für eine mögliche Kandidatur als Ausrichter der olympischen Sommerspiele 2024 oder 2028. Noch sind weder die konkreten Vorgaben des IOC noch die Details der Bewerbungen fix. Aber einige Eckdaten sind verfügbar und die Fronten der Befürworter wie Kritiker formieren sich bereits.
Nach dem krachenden Nein der Wähler in München und Umland bezüglich der Winterspiele 2022 ist klar, dass der Frage der Bürgerbeteiligung wie überhaupt der Akzeptanz durch die Bevölkerung eine wichtige Rolle zukommt. Auch die Bewerbung Berlins für die Spiele 2000 scheiterte nicht zuletzt am mangelnden Rückhalt. Tatsache ist, dass sich bereits wieder ein breiter Widerstand gegen die Spiele in Berlin zusammenfindet.
Eng damit zusammenhängend ist die Frage der Kosten eines solchen Megaevents. Gut zwei Milliarden Euro veranschlagen beide Städte dafür. Allerdings gilt das nur für den Bau der Wettkampfstätten, die eigentliche Durchführung, Sicherheitsvorkehrungen, das olympische Dorf u. a. m. sind hier ausdrücklich noch nicht enthalten. Die Erfahrungen bisheriger Spiele zeigen jedoch, dass noch nie die ursprünglichen Budgets eingehalten werden konnten. Vielmehr haben sich die Kosten im Durchschnitt fast verdreifacht. Wobei sich der IOC dank seiner Verträge hier schadlos hält, die Gelder also von den Gastgebern aufgebracht werden müssen. Allerdings ist hoch umstritten, inwiefern diesen ausufernden Kosten positive Effekte gegenüberzustellen sind, beispielsweise im Tourismus. Viele dieser Auswirkungen sind schlicht nicht genau zu bestimmen - und damit auch kaum seriös zu diskutieren.
Im Schatten von TTIP
Das aktuell verhandelte nordatlantische Freihandelsabkommen stößt auf großes Interesse und breite Kritik. Fast unbemerkt wurde parallel dazu von der EU ein Abkommen mit mehreren südafrikanischen Ländern ausgehandelt. Dabei geht es u. a. um die Marktöffnung für Agrarprodukte aus der EU. Allerdings sind die Details unbekannt, da die Europäische Kommission den Vertrag nicht veröffentlichen will - noch nicht. Das macht aber eine Bewertung oder gar Proteste fast unmöglich, wie Jost Maurin festhält. Brisant ist das Vertragswerk vor allem im Hinblick auf die subventionierten Agrarerzeugnisse, die nun den afrikanischen Markt überschwemmen und damit lokalen Produzenten ihre wirtschaftliche Grundlage entziehen könnten.
Arbeit auf Abruf
Mit einer ganzen Palette von Arbeitszeitregelungen wälzen die Unternehmen seit Jahren Geschäftsrisiken auf ihre Angestellten ab: Bei hohen Umsätzen fällt mehr Arbeit und entsprechend mehr Lohn an. Sind die Läden aber - vorübergehend - leer, müssen die Arbeitnehmer unbezahlt zuhause bleiben. Streiks haben zwar jüngst dazu geführt, dass der Manteltarifvertrag wieder in Kraft gesetzt wurde, weitere Verschlechterungen also abgewehrt werden konnten. An den Arbeitszeitregelungen hat sich jedoch nichts geändert. Das geltende Arbeitsrecht sieht hier großen Spielraum für die Unternehmen vor. Klagen an den zuständigen Gerichten werden außerdem kaum angestrengt und noch seltener über Jahre hinweg aufrechterhalten. Das liegt nicht zuletzt an der abhängigen und unsicheren Lage der Betroffenen. Hier zeigt sich, dass Prekarisierung schon selbst zum Erhalt und Ausbau der Prekarisierung beiträgt.
»Gegen die natürlich Ordnung«?
Das Oberste Gericht Indiens hat diese Woche eine heftig umstrittene Entscheidung eines untergeordneten Gerichts für ungültig erklärt. Dieses hatte 2009 das Verbot von Homosexualität für ungültig erklärt, da es mit dem Verfassungsgrundsatz der Gleichheit nicht vereinbar sei. Nun bleibt nur noch die Möglichkeit, auf parlamentarischem Wege das diskriminierende und mit harten Strafen bewehrte Gesetz abzuschaffen. Das aber ist unwahrscheinlich. Denn die konservative Hindu-Partei BJP befindet sich augenblicklich im Aufwind und setzt dadurch auch die liberalere Kongresspartei unter Druck, die aktuell die Regierung stellt. Eine offene Debatte über das Thema versucht die Kongresspartei daher möglichst zu verhindern.
Nicht nur fürs Gemeinwohl
In den Jahren der Regierungen Schröder und Merkel wurde das deutsche Stiftungsrecht erheblich verändert, vor allem steuerlich zugunsten privater Stiftungen. Die Folge ist ein Boom dieser Rechtsform, mittlerweile existieren fast 20.000 davon. Zwar engagieren sich gemeinnützige Stiftungen in vielen gesellschaftlichen Bereichen, teilweise mit hohen Summen. Aber diese Wohltätigkeit ist - trotz erheblicher Steuervorteile, also letztlich unter finanzieller Beteiligung der Allgemeinheit - in keiner Weise demokratisch legimitiert oder kontrolliert. Stattdessen entscheidet der Stifter nach eigenem Gutdünken über die Verwendung der Mittel. Anders als etwa in den USA müssen Einnahmen und Ausgaben auch nicht veröffentlicht werden. Aber Stiftungen werfen noch weitere Probleme auf. Denn trotz ihrer offiziellen Gemeinnützigkeit dienen sie häufig durchaus eigennützigen Motiven. Das kann sich in politischer Einflussnahme oder auch schlicht durch die Bildung von persönlichen Netzwerken und dergleichen manifestieren. Matthias Holland-Letz fordert deshalb eine Reform des Stiftungsrechts.
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