Presseschau Südamerika

Von Halunken und Hoffnungen

Ein Interview mit Jean Ziegler

Der Globalisierungskritiker Jean Ziegler äußert sich im Gespräch mit Martin Lejeune zu vielen aktuellen Themen. Vor allem aber über die Notwendigkeit einer neuen politischen Bewegung, die seiner Ansicht nach im Entstehen ist und die er als »planetarische Zivilgesellschaft« beschreibt.

Die Internationalisierung der Information zeigt die Welt, wie sie ist, in der Unmittelbarkeit: sterbende Menschen in Haiti, Sudan, Somalia und Bangladesch. Da gibt es doch den Aufstand innerhalb jedes Betrachters, der informiert ist und sagt: »So eine Welt will ich nicht!«

Kokapflanze vergiftet Staat

Der Drogenkrieg in Mexiko und die Rolle des Staates
Armee im Einsatz gegen Drogenhändler in Chihuahua 2008 <br/>Foto von Iker Merodio
Armee im Einsatz gegen Drogenhändler in Chihuahua 2008 Foto von Iker Merodio

In Mexiko tobt ein Drogenkrieg. Seitdem der Präsident Felipe Calderón 2006 an die Macht kam und im Kampf gegen die Drogenkartelle die Polizei durch das Militär ersetzte, schnellte die Zahl der Toten in die Höhe: Über 20.000 Opfer sind seitdem zu beklagen. Das Militär geht dabei auch gegen die Zivilbevölkerung vor und wird des Mordes, der Vergewaltigung und anderer Übergriffe beschuldigt. Doch wie der US-Radiosender NPR herausfand, geht die Regierung selektiv gegen die Kartelle vor – gegen eines wie Sinaloa gar nicht. Spitzen der Regierungspartei werden mit diesem Kartell in Verbindung gebracht. Dabei entgleitet dem Staat im Drogenkrieg mit den Kartellen und zwischen diesen die Kontrolle über einzelne Bundesstaaten. Gleichzeitig tragen die Gewinne einen großen Teil zur Wirtschaftsleistung bei. Die wachsende Bedeutung Mexikos als Kokainerzeuger steht im Zusammenhang mit einer weltweiten Veränderung des Drogenmarktes.

Nicht auf Augenhöhe

Das Verhältnis der EU zu Lateinamerika

Noch vor einigen Jahren galt eine strategische Partnerschaft zwischen der EU und den Ländern Lateinamerikas als realistische Option. Mittlerweile ist auf dem gerade beendeten Gipfeltreffen beider Seiten in Madrid deutlich geworden: Dieses Ziel liegt noch in weiter Ferne.

Die Ursachen dafür sind vielfätig. Zunächst ist es angesichts der europäischen, neoliberal ausgerichteten Handelspolitik nicht gelungen, ein für alle akzeptables kollektives Abkommen zu treffen. Deshalb ist die EU nun dazu übergegangen, mit einzelnen Staaten bilaterale Verträge zu schließen. Weiterlesen … »

Angespannte Lage

Die Rivalität zwischen den USA und China
Shanghai Containerhafen <br/>Foto von Bert van Dijk
Shanghai Containerhafen Foto von Bert van Dijk

In letzter Zeit drohen die Rivalitäten zwischen den USA und China zum offenen Handelskrieg zu eskalieren. Der Streit dreht sich vordergründig vor allem um den unterbewerteten Renminbi und das gewaltige amerikanische Handelsdefizit. Populistisch instrumentalisiert für innenpolitische Zwecke, würde die geforderte aggessive Schutzzollpolitik der US-Wirtschaft aber vermutlich mehr schaden als nützen. Zumal das Ungleichgewicht der Exporte auch auf der Weigerung High-Tech-Produkte nach China zu verkaufen beruht. Weiterlesen … »

Jeder gegen jeden

Zur Lage in Kolumbien
Nahe Manizales, Kolumbien <br/>Foto von philipbouchard
Nahe Manizales, Kolumbien Foto von philipbouchard

Seit Jahrzehnten schwelt in Kolumbien ein Bürgerkrieg. Doch die Fronten zwischen den beiden linken Guerillagruppen und der Regierung im Verbund mit rechten Paramilitärs sind nicht immer klar. Am meisten aber leidet die Zivilbevölkerung, zahlreiche Flüchtlinge verlassen die ländlichen Regionen aus Angst vor der Gewalt und führen in den Städten eine kümmerliche Existenz. Mittlerweile verstärken auch die USA ihre Präsenz in der rohstoffreichen Region Arauca an der Grenze zu Venezuela.

Indigenas unter Druck

Zur Lage eines Volkes in Brasilien
Bogenwettbewerb bei den Guaraní <br/>Foto von nagillum
Bogenwettbewerb bei den Guaraní Foto von nagillum

Im Süden Brasiliens leben über 40.000 Guaraní. Doch die indigene Bevölkerung steht unter massivem Druck von Farmern, die ihr Land zum Anbau von Pflanzen für Biokraftstoffe nutzen wollen. Um das zu erreichen, schrecken sie offenbar selbst vor Repressionen nicht zurück: Im letzten Jahr wurde beispielsweise ein ganzes Dorf gewaltsam geräumt. Als Folgen dieser Situation sind Alkoholismus und Hunger weit verbreitet, auch die Selbstmordrate ist 19mal höher als der landesweite Durchschnitt.

Quo vadis, homo? Gaia oder Brandrodung?

Wie weit der Mensch bei der Ausbeutung der Erde gehen soll, wird seit Jahrhunderten diskutiert
 <br/>Foto von Erman Akdogan
Foto von Erman Akdogan

Die Zerstörung der Umwelt durch Menschenhand wird nicht erst thematisiert, seitdem der Mensch Müll produziert, der tausend Jahre und länger braucht, um in den Kreislauf der Natur zurück zu finden oder die chemische Industrie Mittel herstellt, die für jeden Menschen, jedes Tier und jede Pflanze tödlich wären. In der Zeit schlägt Ulrich Grober auf hinreißende Weise einen Bogen von der kontroversen Behandlung des Themas durch den im 15. Jahrhundert lebenden Humanisten Paulus Niavis zum neuesten pop-kulturellen Werk, das sich damit auseinander setzt – »Avatar«. Dabei beschreibt er mit Liebe zu Niavis' lateinischem Originaltext, wie schon zu Zeiten des Raubbaus im sächsischen Erzgebirge die Frage aufkam, ob der Mensch das Recht hat, die Ressourcen der Natur bis zur Erschöpfung auszubeuten. Auch die - wie sich herausstellt - ganz und gar nicht neue Verwendung von Begriffen wie Nachhaltigkeit und Naturschutz macht er nachvollziehbar. So ist schon in dem Text von 1492 von lat. sustentare die Rede, was heute als engl. sustainability (Nachhaltigkeit) die Selbstdarstellung jedes Konzerns schmückt.

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