Presseschau Beitrag
Die Bühne des irakischen Ringkampfes ist eröffnet
Kaum hat der letzten amerikanische Soldat den Irak verlassen, bricht der Sturm los: Die fragile Regierung bricht auseinander, kurz darauf explodieren in Bagdad fünf parallele Bomben, die 70 Menschen in den Tod reißen. Beobachter rechneten mit einer Zuspitzung der inneren Konflikte im neunten Jahr nach dem Einmarsch im März 2003 – vielmehr stellt sich aber die Frage, ob die Eskalationsspirale bis in einen erneuten Bürgerkrieg oder gar den Zerfall des Irak reichen wird. In diesem Konflikt ringen innere und äußere Kräfte um die Macht. Der Ministerpräsident Nuri Al-Maliki tritt als Repräsentant der schiitischen Bevölkerungsmehrheit auf, als er nach dem Regierungszerfall seinen sunitischen Stellvertreter Tarek al-Haschemi erfolglos festnehmen lassen will. Dieser floh in die autonome Kurdengebiete, der dritten Partei auf der irakischen Bühne. Doch auch die regionalen Mächte wollen ihren Einfluß geltend machen. Dazu zählen in erster Linie der Iran, der einen großen Einfluß bei den Schiiten hat, sowie dessen Rivalen Saudi-Arabien und die Türkei.
Steffen Richter sieht Bagdad als Austragungsort des Konfliktes, da hier die Konfessionen aufeinander treffen. Den iranischen Einfluß erkennt der Guardian als zentral an:
Wird der Irak, den Obama zurücklässt, ein strategischer Verbündeter der USA sein? Wohl kaum. Denn der Iran verfügt über erheblichen Einfluss über die schiitische politische Elite, die praktisch das Machtmonopol im Irak hat. Dazu hat von all den im Iran miteinander konkurrierenden Machtzentren das finsterste beim Nachbarn das größte Gewicht. Die Mitglieder des irakischen Kabinetts haben sich einen inzwischen ausgetretenen Pfad zur Tür Qassem Suleimanis geschlagen. Der ist Kommandeur der Quds-Einheit, dem mit extraterritorialen Operationen bedachten Flügel der iranischen Revolutionsgarden.
Kommentar
Die Karten liegen denkbar schlecht für den Irak: Gerade die rivalisierenden Regionalmächte Iran und Saudi-Arabien können es sich nicht leisten, der jeweils anderen Seite zuviel Einfluß zuzugestehen. Denn durch den Irak kann der Iran auch die schiitischen Minderheiten auf der arabischen Halbinsel anleiten. Als Reaktion wird die saudische reaktionäre Monarchie salafistische Terrorgruppen wie Al Kaida unterstützen, um einen Machtausbau der Schiiten zu torpedieren. Die Linie zwischen inneren und äußeren Konflikten ist nicht erkennbar. Umso schwieriger ist es, die Gegner an einen Tisch zu setzen.