Presseschau Amerika

Amerikas zunehmende Verrohung

Wie die politische Kultur zerstört wird

Paul Pillar, ehemaliger CIA-Mitarbeiter und Dozent für Sicherheitsstudien, behauptet, was erfolgreiche Demokratien von autoritären Systemen unterscheide, seien nicht so sehr die entsprechenden politischen Institutionen, sondern die politische Kultur. Verfassungen, Gerichte und Wahlen gibt es auch in autoritären Staaten. Es sei aber ein Verständnis von Mehrheitsherrschaft, »loyaler Opposition« und die Einsicht, Kompromisse eingehen zu müssen, was erfolgreiche Demokratien ausmacht. Diese politische Kultur sieht er in den Vereinigten Staaten schwinden. Die Republikaner, zum Beispiel, verhindern regelmäßig mehrheitlich beschlossene Gesetzgebung mit parlamentarischen Tricks und verletzen so das Prinzip der Mehrheitsherrschaft.

Viele Optionen, wenig Hoffnung

Afghanistans Zukunft
Dorfrat in der Provinz Panjshir
Dorfrat in der Provinz Panjshir Bild von Chris Shin

Seit Juli beginnt die stufenweise Übertragung der Sicherheitsaufgaben im Land an die afghanische Regierung. 2014 soll dieser Prozess dann abgeschlossen sein und die ISAF sich zurückziehen. Citha Maaß und Thomas Ruttig stehen in ihrer Lageanalyse den optimistischen Erwartungen eher skeptisch gegenüber und stellen vier mögliche Entwicklungen dar. Weiterlesen … »

Jugend fordert Erneuerung

In Chile dauern heftige Proteste gegen das Bildungssystem an
Jugend fordert Erneuerung

Chiles Jugend rebelliert gegen ein Bildungssystem, das ärmeren Bevölkerungsschichten den Zugang zu höheren Abschlüssen verwehrt. Der seit Monaten anhaltende Protest richtet sich somit auch gegen ein Erbe der wirtschaftsliberalen Pinochet-Diktatur. Die rechte Regierung antwortet mit Repression, einige Politiker fordern gar den Einsatz des Militärs gegen die jungen Demonstranten, eine Sprecherin bekommt Morddrohungen. Die Protestbewegung entwickelt sich somit zu einer Prüfung, wie weit die Demokratisierung Chiles nach den Jahren der Diktatur reicht. Zugleich sinkt das Ansehen der Regierung. Harald Neuber zeigt auf Telepolis einen Überblick der Lage.

Bolivarische Revolution im Drogenkrieg

Venezuela leidet unter ausufernder Kriminalität
Caracas
Caracas

Während die Aufmerksamkeit sich zumeist eher auf Kriege, Bürgerkriege und Aufstände konzentriert, ist die Bilanz der Auseinandersetzung zwischen Drogensyndikaten untereinander und dem Staat in Südamerika verheerender, betrachtet man die Opferzahlen: Während die Gewaltspirale in einigen mexikanischen Bundesstaaten jedes Jahr zehntausende Tote fordert, ist in Venezuela die Zahl der ermordeten auf beinahe 20000 im vergangenen Jahr gestiegen. Silke Pfeiffer zeigt in der Zeit auf, daß es der Regierung von Hugo Chavez nicht gelungen ist, durch ihre Sozialpolitik das Land zu befrieden. Im Gegenteil dulde der Staatspräsident Korruption im Militär, das offensichtlich in den lukrativen Drogenhandel verstrickt ist. Somit zählt Venezuela zu einer ganzen Reihe von Staaten, wie Mexiko, Kolumbien oder Guatemala, deren innere Stabilität von Drogenhandel beeinflußt ist. Die Erkenntnis, daß ein Ende der Prohibition das wirksamste Mittel gegen Drogenkriminalität ist, scheint sich nur langsam durchzusetzten.

Rechtspluralismus in Bolivien

Indigene und westliche Justiz im Widerstreit

Seit 2009 gilt in Bolivien eine neue Verfassung, die explizit auch die besondere Rolle der indigenen Bevölkerungsteile hervorhebt. Dazu gehört auch, deren traditionelle, dörfliche Rechtsprechung anzuerkennen. Das ist allerdings umstritten: Dort gibt es nämlich keinerlei vereinheitlichte Rechtsnormen oder Prozessordnungen. Die Urteile fällen die Dorfversammlungen oder dafür gewählte Vertreter nach ihren je eigenen »Prinzipien, kulturellen Werten, Normen und Verfahren«, wie es in der Verfassung heißt. Dazu gehört zum Beispiel, Wiedergutmachung, nicht Bestrafung anzustreben.

Vor allem die Todesstrafe aber sorgt für hitzige Diskussionen. Sie ist zwar offiziell verboten, wird aber gelegentlich von diesen Indiogerichten noch immer verhängt. Jedenfalls zeigt sich immer wieder, wie schwierig es ist, traditionelles und modernes Recht gleichberechtigt nebeneinander existieren zu lassen. Die Indios selbst sehen die Verfassung vielfach als Schritt hin zu mehr Autonomie und weg von der alten kolonialen Ordnung – die ihnen viele Pflichten, aber nur wenige Rechte brachte.

Leitwährung auf der Kippe

Der Haushaltsstreit kündet einen langsamen Abschied der USA von der Supermachtsrolle an

Eine Abwertung der Bonität der USA werde ohnehin kommen, meint Martin Hock in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die chinesische Rating-Agentur Dagong habe bereits vor einem Jahr das Land heruntergestuft; zwar sei die Agentur unbedeutend, doch China ist einer der größten Gläubiger. Langfristig zeichne sich ein Abschied vom Dollar als Leitwährung der Welt ab. Nur sei zur Zeit keine andere Währung in der Lage, die Rolle zu übernehmen, da die meisten Staaten ebenfalls Schuldenprobleme haben. Abgesehen vom Streit zwischen den Demokraten, die Steuererhöhungen anstreben, und den Republikanern, die die Sozialausgaben kürzen wollen, deute sich eine dritte Konsequenz an: Ein Zusammenstreichen des gigantischen Militärhaushalts, wodurch die Weltmacht-Rolle der USA relativiert werde. Weiterlesen … »

Folter unter US-Präsident Bush

Interne Widerstände dagegen und der Umgang damit unter Obama
Folter unter US-Präsident Bush
Bild von Shrieking Tree

Die Wahl Obamas zum Präsidenten der USA war nicht nur Ausdruck des Verlangens vieler Amerikaner nach Politik, die bessere 'harte' Ergebnisse erzielt (Beschäftigung etc.), sondern auch nach moralischer Wiederherstellung. Während der acht Jahre unter Präsident Bush war Folter durch amerikanische Beamten von der Regierung nicht nur gebilligt, sondern angeordnet worden. Als das publik wurde, sorgte es für Aufschreie in den USA und weltweit. Die Weigerungen gegen diesen offiziell eingeschlagenen moralischen Kurs kamen dabei nicht nur aus der Öffentlichkeit, sondern auch aus den eigenen Reihen der Regierung: Mitarbeiter aus allen Ebenen der Bundespolizei, des Militärs und der Geheimdienste legten Beschwerde ein, dokumentierten die Verletzungen der Inhaftierten durch Folter oder weigerten sich, daran mitzuwirken – nicht selten verloren sie deshalb ihren Job. Menschenrechtsanwälte und Intellektuelle fordern die Obamaregierung nun dazu auf, diese Beamten zu ehren, bisher ohne Erfolg.

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