Presseschau Beitrag

Staat am Abgrund

In der Elfenbeinküste droht die Fortsetzung des Bürgerkriegs
Mit einem "Friedensfeuer" wurden 2007 in Bouake Waffen verbrannt: Diese Hoffnung erweist sich als trügerisch <br/>Foto von UN
Mit einem "Friedensfeuer" wurden 2007 in Bouake Waffen verbrannt: Diese Hoffnung erweist sich als trügerisch Foto von UN

Bereits 2002 begann in der Elfenbeinküste ein Bürgerkrieg zwischen dem muslimischen Norden und dem christlichen Süden. Ähnlich wie bei den immer wieder aufflammenden Konflikten in Nigeria ist die Religionszugehörigkeit nur die Oberfläche des Konflikts: Der Norden ist geprägt von Einwanderung aus den benachbarten nördlichen Staaten wie Mali und Burkina Faso in  den Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs. Den Einwanderern wird die Gleichberechtigung als Staatsbürger verwehrt. Eigentlich waren die Präsidentschaftswahlen als Teil der Befriedung des Landes gedacht, doch der laut internationalen Wahlbeobachtern unterlegene Präsident Laurent Gbagbo erkennt den Wahlsieg von Alassane Ouattara nicht an. Ouattara dagegen kommt aus dem Norden, seine Mutter ist aus Burkina Faso eingewandert. Gbagbo hat als Vertreter des Südens einfach einen Teil der Wahlergebnisse nicht anerkannt und sich zum neuen Präsidenten eingesetzt. Nun eskaliert die Gewalt; daher wird über die Verlängerung des zum Jahresende auslaufende Mandats der UN-Soldaten diskutiert.

Die UNO hat den Wahlsieg Alassane Ouattaras anerkannt. Sowohl die vormalige Kolonialmacht Frankreich als auch die USA und die EU machen nun massiv Druck auf Laurent Gbagbo. Bernhard Schmid merkt in der Jungle World an, daß die Bevorzugung Ouattaras auch von seiner Tätigkeit für den Internationalen Währungsfonds herrühren könnte, ebenso ist dieser mit Sarkozy befreundet. Auch sei durchaus einiger Zweifel an einzelnen »sowjetischen« Wahlergebnissen im Norden angebracht. Doch durch seinen »Putsch« habe Gbagbo eine echte Überprüfung verhindert – daran sei ihm auch gar nicht gelegen. Im Hintergrund führt Blaise Compaoré, der autoritäre Präsident des Nachbarlands Burkina Faso, Vermittlungsgespräche in der Elfenbeinküste, aber auch in dem von inneren Konflikten geprägten Guinea. Dieser gilt als zuverlässiger Vertreter der Interessen Frankreichs in seinem ehemaligen Kolonialreich.

Unter ganz anderen Vorzeichen betrachtet Bartholomäus Grill in der Zeit den Konflikt: Er fragt sich, ob tatsächlich Demokratisierung in konfliktreichen Staaten der richtige Weg sei: Denn gerade Wahlen und deren Anerkennung durch Wahlverlierer sei in der Vergangenheit der Punkt des Ausbruchs von Konflikten gewesen. Dazu stellt er das Buch Wars, Guns and Votes des Oxford-Professors Paul Collier, sowie Africa Works von Patrick Chabal und Jean-Pascal Daloz vor. Doch die Sichtweise, die Demokratie sei in Afrika der falsche Weg, sieht der Autor skeptisch.