Presseschau Falschmeldung

Was nicht passt, wird passend gemacht

Schwerwiegende Fehler bei der Wiedergabe von Studien in den Medien

Zwei krasse Beispiele, wie politisch relevante Studien von den Medien falsch wiedergegeben werden, zeigt Stefan Sichermann auf Bildblog: In beiden Fällen wurden Studien des kriminologischen Foschungsinstitut Niedersachen aufgegriffen. So wurde in vielen Medien über einen Zusammenhang zwischen islamischen Glauben und Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen berichtet, obwohl in der Studie dieser ausdrücklich verneint wird. Aus einer gekürzten Interviewpassage in der Süddeutschen Zeitung wurde eine Meldung der Nachrichtenagenturen, die dann in die Medienlandschaft zurückwirkte.

In einem zweiten Fall ging es um die vorgeblich steigende Gewalt gegen Polizeibeamte. Doch die Studie war vom niedersächsischen Innenminister für die Innenministerkonferenz in Auftrag gegeben worden, und daher mit »heißer Nadel gestrickt«. Die Studie weist so viele methodische Fehler auf, daß ihr Ergebnis ohnehin wenig aussagekräftig ist. Dennoch schaffte es die Welt, die Zahlen so umfassend zu verdrehen, daß am Ende »linksextreme Demonstranten« für drei Viertel aller verletzter Beamte verantwortlich sind. Wer immer mal wissen wollte, wie Chomskys Konsensmaschine funktioniert, erhält hier bestes Lehrmaterial.

Stille Post

Wie Medien und Politik eine Bombe erfinden
Kurz vor der Exposion der "Splitterbombe"
Kurz vor der Exposion der "Splitterbombe"

Auf der Demonstration des Bündnisses Wir zahlen nicht für Eure Krise am 12.6. in Berlin explodierte ein unbekannter Gegenstand direkt neben zwei Polizisten, die dadurch verletzt wurden. Eine Phalanx von Medien und Politik spricht auf einmal von einer »Splitterbombe«, die Bildzeitung von einem »Bombenanschlag«, es wird eine Nähe zum Terrorismus gesehen, Bundesinnenminister de Maizière sieht im Bundestag die Demokratie bedroht. Doch mit ein wenig Internetrecherche hätte sich rausfinden lassen, daß es sich mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit um Pyrotechnik handelt, die in Deutschland nicht erhältlich ist. Die taz hat sich um Aufklärung bemüht und nachgezeichnet, wie durch schlechte Recherche und stille Post eine Falschmeldung produziert wird, die bis in den Mund des Bundesinnenministers gelangt. Weiterlesen … »

Prüfsumme

Die dpa zieht Konsequenzen aus öffentlichkeitswirksamen Falschmeldungen
dpa-Sitz in Hamburg-Rotherbaum <br/>Foto von tdietmut
dpa-Sitz in Hamburg-Rotherbaum Foto von tdietmut

Die dpa ist in der jüngeren Vergangenheit immer wieder auf Falschmeldungen hereingefallen, sodaß die größte deutsche Nachrichtenagentur nun selbst eine Meldung wert war. Geschickt haben Künstler und Medienhacker mit falschen Pressemeldungen und Webseiten der Agentur Nachrichten untergeschoben, die von den Redakteuren nicht ausreichend geprüft wurden. Der neue Chef der dpa hat darauf mit einem internen Leitfaden zur Recherche reagiert. Stefan Niggemeier gab Auszüge dieses auch für Journalisten lehrreichen Schriftstücks wieder und kommentiert das Verhalten der dpa.

Ikonen und Falschmünzer

Wie das Netz rasend schnell Täuschungen verbreitet
Straßenkunst in Los Angeles <br/>Foto von Lord Jim
Straßenkunst in Los Angeles Foto von Lord Jim

Die Echtheit von Nachrichten läßt sich nicht immer überprüfen – und im Internet kursieren ungeprüfte Kopien von Bildern, Falschmeldungen oder Manipulationen noch schneller. Der niederländische Designer Daniel van der Velden hat ein Buch dazu veröffentlicht; Tobias Moorstedt interviewt ihn in der Süddeutschen Zeitung zu selbsternannten Staaten wie der Seeplattform Sealand mit eigenem Siegel und Briefmarken sowie Firmen, die es nur im Netz gibt. Eine Geschichte der massenhaft reproduzierten Falschmeldung ist auch die von Neda Soltani; aufgrund ihrer Ähnlickeit von Namen und Gesicht wurde sie für »die« Neda gehalten, welche durch ihren Tod bei den Protesten im Iran zur Ikone wurde.

Im Ententeich

Falschmeldungen sind schnell erfunden und werden wenig geprüft
 <br/>Foto von gynti_46
Foto von gynti_46

Die Süddeutsche Zeitung erzählt eine kurze Kulturgeschichte des Hoax - der absichtlichen Hochstapelei. Zum einen wird dies benutzt, um zu kurzem und schnellem Ruhm zu kommen. Zum anderen führen Medienaktivisten damit die Mechanismen der Nachrichtenvervielfältigung und des gegenseitigen Abschreibens vor.

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