Der Kuchen wird verteilt
Noch wird in den Straßen von Tripolis geschossen. Aber schon stehen die internationalen Öl- und Baukonzerne Schlange, um sich die anstehenden Geschäfte mit den neuen Machthabern zu sichern. Manchem geht es auch lediglich darum, die alten Verträge aus Gaddafis Zeiten bestätigen zu lassen.
Wie es nicht anders zu erwarten war, haben offenbar besonders Firmen aus jenen Ländern gute Karten, die zügig zugunsten der Aufständischen Partei ergriffen haben. Fraglich bei all dem ist natürlich, ob die Menschen in Libyen dafür ihr Leben riskiert haben. Viele der neuen Führer sind zugleich die alten – es steht zu befürchten, dass sich an den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen im Land nur wenig ändern wird.
In der Stagnationsfalle
Bosnien-Herzegowina steht, sofern hier nicht gerade Krieg herrscht oder Thronfolger aus dem Leben scheiden, nicht gerade im Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit. Nach dem Abkommen von Dayton 1995 gibt es Frieden, doch besteht das Land aus einen serbischen und einen muslimisch-kroatischen Teil. Das dadurch enstandene Vefassungskonstrukt verhindert ebenso wie Nationalismen und Korruption einen wirklichen Fortschritt. De facto bleibt das Land ein EU-Protektorat. Zu den aktuellen Parlaments- und Präsidiumswahlen sind einige Beiträge erschienen: Der Deutschlandfunk erklärt die politische Landschaft, Die Zeit porträtiert die Entstehung einer kleinen anti-nationalistische Partei während Die Presse sich der Presselandschaft widmet.
Eindrücke und Stimmen aus dem 5-Millionen-Staat sammelt Ellen Häring auf Deutschlandradio Kultur auf einer Zugfahrt von Belgrad nach Sarajevo. Die taz zeigt einen Hoffnungsschimmer der Versöhnung aus der Stadt Foca. Christopher Ricke interviewt den Hohen Repräsentanten der Europäischen Union Valentin Inzko über seine Politik. Kritisiert wird, daß die Bosnier nicht ohne Visa in die EU reisen dürfen, wodurch Druck auf die Politiker des Landes ausgeübt wird. Das Wahlergebnis faßt die Deutsche Welle zusammen.
Die Grenzen der Gesellschaft
Ende Juli tritt in dem US-Bundesstaat Arizona ein Gesetz in Kraft, das die Kontrolle seiner Bürger auf den Verdacht der illegalen Einwanderung ermöglicht. Da allerdings keine Anhaltspunkte definiert wurden, handelt es sich de facto um verdachtsunabhängige Personenkontrollen. Dieses Gesetz hat in der Einwanderergemeinde und darüber hinaus einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, die Bundesregierung hält es für verfassungswidrig. Obama kann allerdings im Repräsentantenhaus keine Mehrheit für eine neue Migrationspolitik finden. In dem benachbarten Utah wurde durch Mitarbeiter der Arbeitsagentur eine Liste von 1300 Migranten mit Adressen, Sozialversicherungsnummern und privaten Daten gezielt an die Öffentlichkeit gegeben; die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Jungle World schildert eine Stimmung der Angst unter Migranten in Arizona, während die Presse über die Situation in den Grenzstaaten und die Bundespolitik berichtet. Weiterlesen … »
Spiel mit dem Feuer
Die erneuten Konflikte in Kirgisien mit ungefähr 50 Toten in der Stadt Osch lassen die schlimme Befürchtung aufkommen, daß aus einem Machtkampf ein ethnischer Konflikt erwächst. In der Region weichen die staatlichen Grenzen von ethnischen ab, so daß ethnische Spannungen zu einem Regionalkonflikt auswachsen könnten. Spannungen hat es in der Stadt an der usbekischen Grenze schon lange gegeben, unabhängig von den jüngsten Machtkämpfen in Kirgisien. In den internationalen Medien herrscht Unklarheit ob der Ursachen der jüngsten Aussschreitungen. Deutlich dagegen ist, daß die neue Regierung der Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa auch zwei Monate nach der Machtübernahme die Lage im Land nicht im Griff hat. Weiterlesen … »
Ohne Geld durch die Welt
Ist ein Leben ganz ohne Geld in unserer Gesellschaft heute möglich? Ja, durchaus: Seit 14 Jahren funktioniert das bei Heidemarie Schwermer. Ohne festen Wohnsitz zieht die 68-Jährige durch die Lande, »verdient« sich notwendige Dinge durch Tausch und Gelegenheitsarbeiten. Dass diese Lebensweise kaum verallgemeinerbar ist, wird von ihr zwar nicht bestritten. Dennoch kann es als symbolischer Widerstand gegen eine übermäßige Konsum- und Leistungsorientierung verstanden werden.
Wir müssen immer nur funktionieren und Leistung erbringen. Und dann sitzen die Menschen da mit ihrem Ego und mit ihrem Neid-Gehabe.
Rechte Renaissance
In Ungarn formiert sich mit wachsendem Erfolg eine rechtsradikale Bewegung. Ihr politischer Arm »Jobbik« wurde bei den EU-Wahlen drittstärkste Kraft. Gleichzeitig wurde mit der Ungarischen Garde eine Miliz aufgebaut, die vor allem in ländlichen Regionen auftritt.
Neben christlich-konservativen Werten steht die Bewegung für die Wiederkehr eines Großungarn in den Grenzen von vor 1919; daneben profiliert sie sich mit Aktionen gegen die Minderheit der Roma. In vielerlei Hinsicht bedient sie sich offen der Symbolik und Ideologie des Faschismus.
In der österreichischen Zeitung Die Presse ist nun ein Vorabdruck aus »Aufmarsch. Die rechte Gefahr aus Osteuropa« der beiden Autoren Gregor Mayer und Bernhard Odehnal erschienen.