Medium Neue Zürcher Zeitung

Wahlkampfrenner Millionärssteuer

Wird François Hollande den Sozialismus einführen?

Zumindest eines ist sicher: Hollande, Kandidat der französischen Sozialisten für die anstehenden Präsidentschaftswahlen, hat ein Gespür für Themen. Die Millionärssteuer dürfte darauf zurückzuführen sein. Angesichts klammer öffentlicher Kassen und immer noch bestehender Finanzspekulation ist die Idee ohne Zweifel populär. Franzosen mit mehr als einer Million Euro Jahreseinkommen sollen künftig 75 Prozent Einkommensteuer bezahlen. Wie so oft, steckt aber auch hier der Teufel im Detail. Denn tatsächlich betrifft das nur schätzungsweise 7.000 bis 30.000 Personen. Und selbst die könnten sich durch Abschreibungen arm rechnen, für ihr Einkommen unter dieser Schwelle würden sie ohnehin deutlich weniger zahlen. Der Umverteilungseffekt dürfte sich also sehr in Grenzen halten. Abgesehen davon liest sich Hollandes Programm sowieso nicht gerade revolutionär: Ein bisschen weniger sparen, eine Prise mehr Dezentralisierung - et voilà. Die von Sarkozy durchgesetzte Einbindung in die NATO beispielsweise soll dagegen beibehalten werden.

Digitaler Aufstand?

Die Möglichkeiten sozialer Netzwerke werden überschätzt, aber auch im Westen wird über Verbote nachgedacht
Beim "Marsch der Millionen" in Kairo
Beim "Marsch der Millionen" in Kairo Bild von Ahmad Hammoud

Ein Gespenst geistert durch die Welt: Soziale Netzwerke, man nennt sie Twitter oder Facebook, seien in der Lage, Aufruhr zu erzeugen und gar Regierungen zu stürzen. Tatsächlich ist die Kommunikation ein Schlüssel bei einem Aufstand gegen das bestehende Regierungssystem: Auf klassische Weise wurde früher zunächst das Telegraphenamt oder der Fernsehsender besetzt. Regierungen versuchen daher, die Kommunikation via soziale Netzwerke einzuschränken. Aber auch im Westen wird ein Verbot von sogenannten Facebook-Parties erwogen, ebenso wie die Einschränkung verschlüsselter Kurznachrichten-Dienste. Weiterlesen … »

Indiens und Pakistans Geburtsfehler

Spannungen zwischen unterschiedlichen religiösen Teilen der Gesellschaft wachsen stetig in Südasien

Religiöse Minderheiten sind in Südasien oft sozialer Ausgrenzung ausgesetzt. Die Ermordung des pakistanischen Ministers für Minderheiten Shahbaz Bhatti Anfang März ist ein extremes Beispiel dafür. Andrea Spalinger von der Neuen Zürcher Zeitung gibt einen Einblick in das Leben von Mitgliedern einer religiösen Minderheit in Pakistan, deren Alltag von Unfreiheit, Furcht und Ausgrenzung geprägt ist. Die Verfolgung findet dabei nicht nur sozial statt, sondern auch gesetzlich: Das in den achtziger Jahren erlassene Blasphemiegesetz erlaubt hexenjagdähnliche Verleumdungen von Nichtmuslimen. Weiterlesen … »

Kommerzielles Nachbeben

Frankreichs Atomindustrie in der Krise

Wie in anderen Ländern auch steht selbst im bislang atomfreundlichen Frankreich diese Technik auf dem Prüfstand. Und das gleich in doppelter Weise. Die Exportchancen, etwa nach Italien und in die Schweiz, sind momentan nicht allzu gut. Daran ändert auch Sarkozys Lobbyismus nichts. Andererseits hat die inländische Atomaufsichtsbehörde Kritik am Zustand der Anlagen geäußert. Und auch die Endlagerung ist nicht geklärt, da die bisher vorgesehene Lösung mit 35 Mrd. Euro horrende Kosten verursachen würde. Die Hoffnung der heimischen Industrie, auch dank der neuen Reaktoren vom EPR-Typ an der Renaissance der Atomenergie teilhaben zu können, werden sich wohl zerschlagen.

Arabische Perspektive

Der Sender Al Jazeera im Portrait

Mittlerweile ist der TV-Sender aus Katar weltweit ein Begriff, auch da er seit fünf Jahren zusätzlich ein englischsprachiges Programm betreibt. Ursprünglich bekannt wurde er durch seine fundierten Berichte aus dem arabischen Raum. Doch anders als viele Konkurrenten zeigt er nicht nur die offizielle Sicht der Herrschenden, sondern bietet auch dem »einfachen Mann auf der Straße« ein Forum. Gerade dadurch war Al Jazeera prädestiniert dazu, die aktuellen Proteste im Nahen Osten zu verstärken. Weiterlesen … »

Jugendliche hinter Gittern

Wie die Schweiz tausende Jugendliche ohne Gerichtsurteil in Gefängnissen wegsperrte
Ein "liederliches" Leben reichte dafür aus. <br/> Foto v. Alfred_Jodokus_Quak (Flickr)
Ein "liederliches" Leben reichte dafür aus. Foto v. Alfred_Jodokus_Quak (Flickr)

Das kürzlich erschienene Buch »Weggesperrt. Warum Tausende in der Schweiz unschuldig hinter Gittern sassen« von Dominique Strebel behandelt ein Kapitel der Schweizer Geschichte, das bislang kaum Beachtung fand. Aufgeschreckt durch die Nachforschungen und dem einsetzendem öffentlichen Interesse gab es am 10. September die erste offizielle Entschuldigung durch politische Vertreter. Das »wir bedauern es zutiefst« des Zürcher Regierungspräsident Hans Hollenstein bezog sich dabei auf die Praxis der sogenannten »administrativen Versorgung« von 1942 bis 1981. Weiterlesen … »

Erinnerungen der unangenehmsten Art

Deutschland und Frankreich forcieren Abschiebungen von Roma und anderen Minderheiten

»Erinnerungen der unangenehmsten Art”, so äußerste sich der rumänische Außenminister Teodor Baconschi bezugnehmend auf die bevorstehende Abschiebung von 700 Roma aus Frankreich nach Rumänien. In Deutschland sind derweil 12.000 Roma und Vertreter_innen anderer Minderheiten von Abschiebungen in den Kosovo bedroht. Weiterlesen … »

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