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Ende des Höhenflugs

Desertec steht vor der Abwicklung

Die Idee war ebenso ehrgeizig wie waghalsig: Mithilfe von Sonnenkraft und Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe sollten in Nordafrika gewaltige Anlagen für erneuerbare Energie aufgebaut werden. Der so gewonnene Strom hätte dann nicht nur die Länder des Maghreb, sondern auch Europa versorgen können. Doch daraus wird wohl nichts: Nachdem in den vergangenen Jahren bereits namhafte Konzerne wie Siemens, Bosch und Bilfinger aus dem Konsortium ausgestiegen sind, wird die Trägergesellschaft DII voraussichtlich Ende 2014 abgewickelt. Allenfalls als kleine Beratungsagentur könnte sie fortbestehen.

Es ist ein ganzes Bündel von Ursachen, die zum Scheitern des Projekts geführt haben. Zunächst sind Solaranlagen mittlerweile so preiswert, dass sich auch mit weniger Sonnenstunden in Mitteleuropa genug Strom generieren lässt, um die Anlagen rentabel zu betreiben. Hinzu kommen die hohen Verluste durch die erforderlichen Überlandleitungen. Des Weiteren vertrauen die nordafrikanischen Länder, vor allem Marokko, lieber auf eigene Projekte. Schließlich konnten sich die zahlreichen Teilhaber nicht über ein gemeinsames Konzept einigen.

In gewisser Hinsicht war es der schiere Gigantismus, der Dersertec zum Scheitern brachte: Er erforderte horrende Investitionen und damit eine große Zahl an Teilhabern mit ganz unterschiedlichen Interessen. Zugleich zeigt die Entwicklung der letzten Jahre auch, dass erneuerbare Energien gerade dann besonders effizient sind, wenn die Anlagen dezentral und damit nahe beim Verbraucher platziert werden.

Ein ewig junger Baustoff

Holzhäuser sind im Kommen
Baustoff mit Tradition
Baustoff mit Tradition Bild von G. Haas

Knapp 20 Prozent der Neubauten in Deutschland werden mittlerweile aus Holz konstruiert. Bislang gilt das aber fast ausschließlich für Ein- und Zweifamilienhäuser. Doch einige Architekten sehen auch das Potenzial für ambitioniertere Projekte. So sind in den letzten Jahren einige Hochhäuser mit einem sehr hohen Holzanteil entstanden. Mittlerweile gibt es sogar Planungen für Häuser mit bis zu 30 Stockwerken. Der Baustoff gilt nicht nur als klimafreundlich und recycelbar, sondern weist auch eine hohe Wohnqualität auf. Allerdings kosten Holzhäuser meist mehr als vergleichbare Gebäude aus Beton. In Mailand bewies ein Bauherr aber, dass sie auch im sozialen Wohnungsbau einsetzbar sind.

Gesundschrumpfen bei den Waffenschmieden

Zur Lage und Zukunft der deutschen Rüstungsindustrie
Gesundschrumpfen bei den Waffenschmieden
Bild von Andrew-M-Whitman

Aktuell hat die größte deutsche Rüstungsfirma, EADS, einen massiven Stellenabbau angekündigt. Das wirft ein Schlaglicht auf den Zustand einer Branche, die nach den für sie goldenen Zeiten des Kalten Kriegs mit drastischen Ausgabenkürzungen bei westlichen Armeen kämpft. Sie selbst führt eine Reihe von Gründen an, warum sie auch ohne unmittelbare Bedrohungsszenarien noch immer staatliche Unterstützung verdient. Demnach sei sie wichtig für die Innovationskraft des Industriestandorts Deutschland, sie sichere tausende Arbeitsplätze und sei politisch-strategisch unverzichtbar.

Bei näherem Hinsehen relativiert sich freilich manches. Denn Rüstungsinnovationen sind häufig nicht zivil nutzbar, die Gelder wären also direkt in der zivilen Forschung effizienter angelegt. Und die unmittelbar in Waffenentwicklung und -bau angesiedelten Jobs belaufen sich lediglich auf ca. 17.000 Stellen, sind also volkswirtschaftlich betrachtet recht marginal. Zudem dürften viele der hochqualifizierten Kräfte verhältnismäßig leicht zivile Arbeitsplätze finden.

Die entscheidenden Fragen sind also nicht primär ökonomische, sondern hochgradig politische: Wollen wir als Land oder im Bündnis der NATO weiter out-of-area-Einsätze? Soll sich Deutschland bei Rüstungsgütern eine zumindest partielle Unabhängigkeit erhalten? Sind die Steuerzahler bereit, die dafür notwendigen Summen aufzubringen? Oder setzt man, entsprechend den Wünschen der Waffenlobby, verstärkt auf Exporte - auch in Konfliktländer? Nicht zuletzt angesichts der letzten Debakel um Rüstungsgroßprojekte wie die Drohne Euro-Hawk, den Transporter Airbus A 400 M und den Kampfhubschrauber Tiger wäre es angebracht, eine breite öffentliche Debatte über Militärfragen und speziell die heimische Rüstungsindustrie zu führen.

Die syrische Tragödie

Der Bürgerkrieg hat viele Ebenen, doch keine Partei setzt auf Verhandlungen

Der Bürgerkrieg in Syrien steigert sich zu einer Orgie der Gewalt, die sich fortlaufend zuspitzt. In dieser Propagandaschlacht haben nicht alle Medien ein gutes Bild vermittelt, umso mehr lohnt die Erwähnung der Ausnahmen. Eine ausgewogene Berichterstattung findet sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. So berichtete Rainer Hermann im Juni, wie die Rebellen zum damaligen Zeitpunkt im Zentrum des Landes ein Viereck unter ihrer Kontrolle hielten – mittlerweile haben sie ihren Radius von dort erweitert. Der Korrespondent zweifelte aufgrund von Augenzeugenberichten die Darstellung an, nach der Regierungstruppen in dieser Region für das Massaker von Houla verantwortlich seien. Vielmehr entstand der Eindruck, dass Teile der Rebellen in dieser Region gewalttätig gegen Minderheiten und unbewaffnete Sympathisanten der Regierung vorgehen. Unter den Aufständischen sollen sich auch radikale Salafisten mit Nähe zu Al-Qaida befinden. Weiterlesen … »

Kritik à la carte

Demokratische Defizite werden in Europa weitgehend ignoriert
The winner takes it all: Parlament in Bukarest
The winner takes it all: Parlament in Bukarest Bild von Nanel4

Undurchschaubare Ränke beherrschen die Politik in Rumänien. Ebenso wie die Nachbarstaaten Ungarn und Bulgarien ist der Karpatenstaat alles andere als eine Musterdemokratie, und trotz des Beitritts zur Europäischen Union ist das Land eines der ärmsten Europas. Um soziale Kämpfe handelt es sich beim Streit zwischen Ministerpräsident Victor Ponta und dem Präsidenten Traian Basescu jedoch nicht. Vielmehr geht es um einen Machtkampf. Der Präsident soll wegen unrechtmäßiger Ausdehnung seiner Kompetenzen des Amtes enthoben werden. Nach der Suspendierung durch das Parlament soll das Volk darüber befinden. In diesem Verfahren beschneidet das Parlament jedoch die Rechte des Verfassungsgerichts. Das wiederum empört europäische Regierungen – weit stärker als die Kompetenzüberschreitungen des Präsidenten. Dieser hatte sich zuvor durch seine Sparpolitik gegenüber Brüssel erkenntlich gezeigt. Zugleich ist er durch herablassende und rasssistische Bemerkungen gegenüber Minderheiten bekannt.

Andere Stimmen kritisieren seinen Opponenten, den Ministerpräsidenten Ponta, dessen Ansehen durch eine Plagiatsaffäre gelitten hat. Ponta betreibe das Amtsenthebungsverfahren mit Hilfe seiner Koalition aus Sozialdemokraten und Liberalen, um die Justiz unter Kontrolle zu bekommen, liest man in der Le Monde: Somit solle die Behörde zur Korruptionsbekämpfung unter Kontrolle gebracht werden. Zudem verfolge er die Interessen des undurchsichtigen Politikers und Medienmagnaten Dan Voiculescu, dem Verbindungen zur ehemaligen Staatssicherheit Securitate nachgesagt werden. Weiterlesen … »

Stütze der Freiheit?

Gauck zur Bundeswehr
Ein "Staatsbürger in Uniform"
Ein "Staatsbürger in Uniform" Bild von Bundeswehr

Mit seiner Rede vor der Führungsakademie der Bundeswehr hat Bundespräsident Joachim Gauck viel Widerspruch ausgelöst. Er attestierte darin der Truppe, eine Stütze der Freiheit und Menschenwürde zu sein - hierzulande, aber auch im Ausland. Gauck betonte die demokratische Ausrichtung der aktuellen Armee und ihre Rolle als »Friedensmotor«. Dem setzte er zugleich die unseligen Militärtraditionen der deutschen Geschichte entgegen. Durchaus originell sah er diese vor allem verkörpert in der NVA: Einer Armee also, die im Gegensatz zur Bundeswehr nie an einem Krieg teilgenommen hat. Weiterlesen … »

Perspektivlose Gewaltspirale

Der syrische Bürgerkrieg zeigt keine Friedensperspektive auf

Die Lage spitzt sich in Syrien seit Monaten dramatisch zu. So detonierten selbst in der Hauptstadt Damaskus Bomben, die von Unbekannten gelegt wurden. Auch der Hergang des jüngsten Massakers an der Zivilbevölkerung in dem Ort Houla, der nahe den Protesthochburgen Hama und Homs liegt, ist bislang ungeklärt. Dennoch haben mehrere europäische Staaten die syrischen Botschafter ausgewiesen. Im Gegensatz zu vorherigen Ereignissen, wie den Kämpfen in dem Stadtviertel Baba Amr, wird dieser Vorfall von der Beobachtermission der UNO geprüft, welche auf Basis einer Resolution Ende April entsandt wurde – doch bislang liegt kein Bericht vor. Russland warnt vor einer vorschnellen Beurteilung ohne eingehende Untersuchung und mahnt eine enge Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft zur Befriedung des Konfliktes an. Weiterlesen … »

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