Presseschau Internationale Organisationen

Klammheimlich

Wie die EU Rohstoffe sichern will

Wenig Aufmerksamkeit hat die 2008 gestartete Initiative der EU zur Sicherstellung der Rohstoffzufuhr gefunden. Im Kern geht es darum, europäischen Unternehmen gleiche Marktbedingungen wie den jeweils einheimischen Firmen zu sichern. Das hört sich zunächst lediglich nach einer »gerechten« Liberalisierung an.

Doch durch den erleichterten Export wird den Entwicklungsländern insbesondere Afrikas der Aufbau einer eigenen Industrie zur Weiterverarbeitung praktisch unmöglich gemacht. So hat z.B. Kenia die Zölle auf Tierhäute auf 40 Prozent erhöht und so die landeseigenen Gerbereien gefördert. Ironie der Geschichte ist dabei, dass praktisch alle Industriennationen zu Beginn ihrer Entwicklung auf Protektionismus gesetzt haben; jüngstes Beispiel ist Südkorea.

Mythos des Friedenswillens

Der Locarno-Vertrag 1925

Wenn Politiker – vornehmlich in Sonntagsreden – auf die Geschichte der europäischen Einigung zu sprechen kommen, wird immer auch gerne auf den Vertrag von Locarno verwiesen, der seinen beiden Architekten Aristide Briand und Gustav Stresemann den Friedensnobelpreis einbrachte.

Doch Zweifel scheinen angebracht, ob dieses als große Geste der Verständigung und des Friedenswillens gefeierte Vertragswerk tatsächlich diesen Ansprüchen genügt. Denn einerseits wurden zwar rechtliche Sicherungen gegen eine militärische Aggression in Westeuropa aufgestellt. Das galt aber eben nicht für die ebenfalls umstrittenen Grenzen zwischen Deutschland sowie Polen und der Tschechoslowakei. Weiterlesen … »

Frieden schaffen ohne Waffen?

Zur Abrüstung in Europa
MiG 21 der NVA <br/>Foto von Ronny Stiffel
MiG 21 der NVA Foto von Ronny Stiffel

Die Zahlen sind in der Tat beeindruckend: Seit dem Ende des Kalten Krieges sind in Deutschland die in- und ausländischen Truppen um 75 Prozent reduziert worden, ähnlich sieht es bei Panzern, Geschützen und Kampfflugzeugen aus. Europaweit wurde die Anzahl der Soldaten um 2,5 Millionen verringert.

Doch statt mehr Frieden hat die Beilegung des Ost-West-Gegensatzes erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder zu Kriegen in Europa geführt. Zum Teil sogar mit eben den Waffen, die gerade aus den NVA-Beständen »abgerüstet« worden waren. Gleichzeitig stiegen die Militärausgaben in der BRD pro Soldat seit 1990 um mehr als ein Drittel; in der NATO insgesamt wurden seit 2006 die Verteidigungshaushalte um jährlich etwa sieben Prozent erhöht. Weiterlesen … »

Die Bombe mit Fragezeichen

Der Druck, das Verfahren zum Oktoberfest-Attentat wiederaufzunehmen, nimmt zum 30. Jahrestag zu
Die Bombe mit Fragezeichen
Bild von gnislew

Heute jährt sich das Attentat auf dem Münchner Oktoberfest zum dreißigsten Male. Offensichtlich an der Tat beteiligt war der Student Gundolf Köhler, der von der Bombe im Papierkorb zerrissen wurde. Doch obwohl Köhler in zahlreichen rechtsradikalen Gruppen präsent und an Wehrsportübungen beteiligt war, legten sich die Ermittlungsbehörden auf Köhler als Einzeltäter fest. Vielmehr sabotierte der bayrische Verfassungsschutzpräsident und vormalige BND-Mann Hans Georg Langemann die Ermittlungen, indem er deren Stand detailliert an die Presse gab, wodurch mögliche Mittäter gewarnt wurden.

Heute kann keine Rede davon sein, daß die Staatsanwaltschaft alle Spuren ausreichend ermittelt hat: Starke Zweifel gibt es an der Fähigkeit Köhlers, die verheerende Bombe zu bauen, unklar bleibt die Herkunft des Sprengstoffs TNT. Durch neue Methoden wie DNA-Analyse könnten neue Erkenntnisse gewonnen werden; auch wenn der Generalbundesanwalt eine Wiederaufnahme wiederholt ablehnte, wächst der Druck in den Medien und der Politik. Anstelle der Ermittlungsbehörden haben einige wenige unverzagte Journalisten wie Ulrich Chaussy und Tobias von Heymann alle Spuren verfolgt, auf deren Beiträge wir bereits verwiesen; sie haben in zahlreichen Archiven, u.a. bei der Stasi, neue Erkenntnisse gesammelt. Claudia Wangerin hat in der jungen Welt den Stand präzise zusammengefasst, die Zeitung hat zudem Tobias von Heymann interviewt. Ein umfangreiches Dossier bietet auch der Bayrische Rundfunk und sprach mit Ulrich Chaussy. Weiterlesen … »

Die verlorene Generation

Sanktionen destabilisierten den Irak bereits vor der US-Besetzung
Pumpen wie diese am Tigris konnten während der Sanktionen nicht instand gesetzt werden <br/>Foto von The National Guard
Pumpen wie diese am Tigris konnten während der Sanktionen nicht instand gesetzt werden Foto von The National Guard

Kaum jemand bezweifelt, daß die amerikanische Besatzung des Irak ein Desaster war – doch als Ursache wird meist lediglich die ethnische und religiöse Zerklüftung der irakischen Gesellschaft gesehen, die neben dem Widerstand gegen die Besatzung zu einem Bürgerkrieg geführt hat. Doch Andrew Cockburn macht in einem Beitrag in der Le Monde diplomatique die Sanktionen nach dem Zweiten Golfkrieg 1991 für die Situation verantwortlich. Diese haben, nachdem der Krieg bereits die zivile Infrastruktur des Irak zerstörte hatte, einen Wiederaufbau erschwert und die Einfuhr selbst offenkundig ziviler Güter verhindert: Pumpen für die Wasseraufbereitung fehlten ebenso wie Medikamente, so daß die Kindersterblichkeit sich binnen weniger Jahre vervielfachte. Weiterlesen … »

Hoffnung auf Aufklärung

Ein Ex-Offizier erinnert an die Verantwortung der Staatsspitze für die politischen Morde der 90er Jahre

Am 3. November 1996 kam es nahe dem westtürkischern  Susurluk  zu dem wohl folgeschwersten Autounfall der türkischen Geschichte: In dem Mercedes, der mit einem Traktor zusammenstoß, saßen u.a. ein hochrangiger Polizeibeamter sowie Abdullah Çatlı, Chef der Grauen Wölfe. Durch den Unfall wurde die Verbindung des Staates zum kriminellen Untergrundnetzwerk der Grauen Wölfe bekannt, die für die Aufstandsbekämpfung in Kurdistan eingesetzt wurden und in die Tötung von tausenden Verschwundenen verstrickt sind. All dies geschah mit der Billigung westlicher Nachrichtendienste, denn die Grauen Wölfe waren Teil des europäischen Netzwerkes Gladio der NATO.

Auf die Anklage eines Obersten in Diyarbakir aufgrund von Morden hat sich nun ein pensionierter Admiral zu Wort gemeldet. Er beklagt im türkischen Fernsehen, daß es sich bei den Morden um Staatspolitik gehandelt habe, für die nun einige Offiziere büßen sollen. Das läßt Hoffnungen aufkommen, daß Licht in dieses dunkle Kapitel der türkischen – und europäischen – Geschichte kommt.

Eine Frage der Perspektive

Die Wirtschaftsentwicklung in Griechenland

Für die einen ist es eine grandiose Erfolgsgeschichte, die mit klaren Zahlen untermauert wird: Seit dem Beginn der Sparmaßnahmen ist etwa das griechische Haushaltsdefizit um 46% gesunken. Damit wurden die Auflagen der internationalen Kreditgeber sogar übererfüllt. Andererseits stieg die Arbeitslosigkeit, und die Einkommen der Beschäftigten sanken um etwa 20%.

Selbst konservative Wirtschaftsanalysten rechnen mit einer lang anhaltenden, tiefen Rezession. Hochrechnungen des Gewerkschaftsdachverbandes GSEE zufolge wird das Einkommen der Griechen in Kürze auf das Niveau von 1984 zurückgefallen sein.

Inhalt abgleichen