Presseschau Nuklearkatastrophe im AKW Fukushima Daiischi

Kein Abklingen

Der Atomunfall in Fukushima ist längst noch nicht im Griff
Die improvisierte Stromversorgung im AKW Fukushima I fiel bereits mehrfach aus
Die improvisierte Stromversorgung im AKW Fukushima I fiel bereits mehrfach aus Bild von Tepco

Über zwei Jahre ist seit Beginn der simultanen Katastrophen in Japan vergangen. Während die Trümmer der Tsnunamiwelle abgeräumt wurden, nahm die Kernschmelze ihren Lauf. Niemand weiß, wo im Containment sich die geschmolzenen Kerne befinden und in welchem Zustand sie sind. Zwar scheint die Kühlung zu funktionieren, doch der Kreislauf ist improvisiert und voller Lecks. Die größte Sorge gilt dem Abklingbecken des vierten Reaktorblocks, in dem unversiegelt verbrauchte Brennelemente lagern. Mehrmals fiel die Kühlung bereits aus, nach etwa sieben Tagen ohne Kühlung droht die Katastrophe. Das gleiche Szenario gilt für den befürchteten Einsturz des Beckens bei einem erneuten Beben – der Betreiber versuchte dieses zu stabilisieren. Die bereits freigesetze Strahlung bedroht die Bevölkerung, insbesondere bei vielen Kindern wurden Veränderungen an den Schilddrüsen sowie eine erhöhte Anzahl an Fehlgeburten in der Präfektur Fukushima festgestellt. Somit kann keine Rede davon sein, dass der Betreiber die Situation im Griff hat. Mißtrauen entsteht auch aus angeblich immer wieder ausfallenden Meßgeräten. Neben den bereits eingetretenen Folgen für Mensch und Umwelt ist auch ein umfassendere Katastrophe nicht ausgeschlossen.

Gefangen im Atomdorf

Eine Reportage über Japans allmächtige Nuklearlobby
Aufräumarbeiten in Fukushima an der einsturzgefährdeten Einheit 4
Aufräumarbeiten in Fukushima an der einsturzgefährdeten Einheit 4 Bild von Tepco

Schon ein ganzes Jahr muß sich Japan mit den Folgen eines Erdbebens herumplagen, welches das Vorstellungsvermögen in allen Prognosen sprengte. Johannes Hano beschäftigt sich im ZDF mit den Auswirkungen der Nuklearkatastrophe von Fukushima. Die Gefahren in dem Kraftwerkskomplex sind nicht gebannt, denn in den Abklingbecken des vierten Meilers lagern Brennstäbe, denen bei einem erneuten Beben der Einsturz droht. Die Folge wäre eine Kernschmelze unter freiem Himmel.

Der Bericht erscheint als Anklage gegen die japanische Atomlobby. Denn die systematische Schlamperei des Betreibers TEPCO wurde durch das »Atomdorf« gedeckt: einem Kartell aus Stromkonzernen, ihren Aufsehern, Wissenschaft und Politik. In Drehtürmanier werden Aufseher zu Managern und Manager zu Aufsehern, widersprüchliche Meinungen werden unterdrückt. Dieses Kartell ist laut dem ZDF-Report für die Katastrophe maßgeblich verantwortlich, denn die Risiken der Atomenergie durch Erdbeben wurden heruntergespielt. Hano spricht mit zahlreichen Experten – in einem ausführlichen Interview äußert der damalige Premier Naoto Kan schwere Vorwürfe gegen die Atomlobby. Weiterlesen … »

Radioaktive Asche

Japanische Regierung verbrennt verstrahlten Fukushima-Abraum
Checkpoint im vergangenen April
Checkpoint im vergangenen April Bild von Warren Antiola

Die durch Erdbeben und Tsunami ausgelöste Kernschmelze in Fukushima führte dazu, dass Strahlung aus dem Atomkraftwerk austrat und sich weit verbreitete – so weit, dass in Kalifornien und Frankreich erhöhte Strahlungswerte gemessen werden konnten. Der dadurch kontaminierte Schutt in der von dem Tsunami verwüsteten Region um das AKW wird nun seit einigen Monaten auf Provinzen in ganz Japan verteilt, um dort verbrannt zu werden. Radioaktive Asche gerät somit in die Atmosphäre und kann sich über globale Windströme verteilen. Während die Verstrahlung der Region um Fukushima durch das Reaktorunglück ein Unfall war, führt das jetzt begonnene, vorsätzliche Verbrennen des Schutts zur weiteren Verbreitung der radioaktiven Strahlung, die gesundheitliche Schäden weit über Fukushima hinaus zur Folge haben kann.

Operieren an der Black Box

Die Lage im Reaktorkomplex Fukushima
Im Turbinengebäude von Reaktor I
Im Turbinengebäude von Reaktor I Bild von Tepco

Vor einigen Wochen gab der Betreiber des Unglücks-Reaktors bekannt, die Temperatur sei in allen Reaktoren unter dem Siedepunkt. Damit wurde der Eindruck erzeugt, die Kontrolle der Reaktoren sei in greifbarer Nähe. Doch einmal mehr erweisen sich die Fortschritte als trügerisch. Denn der Nachweis des kurzlebigen Gases Xenon läßt sich nur auf weiterhin ablaufende  Kernspaltungsprozesse im Block 2 zurückführen. Die Techniker wissen nicht, wohin sich der geschmolzene Kern durchgefressen hat und operieren an einer Black Box.

Dagegen hat eine internationale Studie ergeben, daß die Menge an ausgetretenem Caesium 137 der doppelten Menge als bislang angenommen entspricht – in etwa 40 Prozent der Menge, die von dem lang strahlenden Stoff in Tschernobyl ausgetreten ist. Eine genauere Bewertung der nuklearen Katastrophe ist somit noch nicht absehbar. Weiterlesen … »

Krisenmanagement

Die Folgen der Erdbebenkatastrophe in Japan
Ishinomaki im September
Ishinomaki im September Bild von j808armada

Sieben Monat sind seit dem verheerenden Erdbeben in Japan vergangen. Die Trümmer sind weitgehend weggeräumt, zu denen auch die Atompolitik der deutschen Bundesregierung zählt. Während die Medien sich im Frühjahr mit Meldungen überschlugen, muß der Leser mittlerweile gezielt suchen, wenn er den Stand der Entwicklung erfahren will. Auch wenn Tepco, der Betreiber des Kraftwerkskomplexes Fukushima I, einige Erfolgsmeldungen bei der Stabilisierung vermelden kann, sind diese mit Vorsicht zu genießen: Denn ein Einblick in die geschmolzenen Kerne der drei Unglücksreaktoren ist bislang nicht möglich. Der nukleare Niederschlag hielt sich nicht an die ausgerufenen 20 sowie 30 Kilometer-Sperrkreise, sondern betrifft insbesondere eine 10 km breite und 80 km lange Schneise Richtung Nordwest. Der Bericht von Hans Schuh in der Zeit gibt den aktuellen Zustand treffend wieder. Weiterlesen … »

Zögern im Krisensumpf

Japan kommt nicht voran

Seit Jahren drücken Rekordschulden, das Land stagniert wirtschaftlich. Und dann kamen noch ein Tsunami und die Katastrophe von Fukushima dazu. Gerade jetzt zeigt sich aber immer mehr, dass die vor zwei Jahren mit vielen Vorschusslorbeeren angetretene Demokratische Partei die Hoffnungen ihrer Wähler kaum erfüllen wird.

Sie gab im Zusammenhang mit Fukushima ein überaus klägliches Bild ab; sie bekommt die Staatsschulden nicht in den Griff, zumal Steuererhöhungen zu Lasten der Geringverdiener erfolgen. Diese und andere Probleme führten nun zu dem überfälligen Rücktritt des bisherigen DPJ-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Naoto Kan. Doch auch sein Nachfolger kann nicht wirklich überzeugen: Yoshihiko Noda ist alles andere als beliebt im Volk und außerdem fehlt ihm der innerparteiliche Rückhalt, um die anstehenden wichtigen Entscheidungen auch durchsetzen zu können. Keine guten Aussichten für den Inselstaat.

Doppelte Krise

Japans Wirtschaft liegt am Boden

Tsunami und Erdbeben haben die Katastrophe im Atommeiler Fukushima I ausgelöst. Aber auch abgesehen von den unmittelbaren Schäden leidet die japanische Wirtschaft noch immer unter den Folgen. Der Agrarsektor in dieser Region kann seine kontaminierten Produkte nicht mehr verkaufen. Vor allem haben die Verwüstungen die Verkehrsinfratruktur getroffen; in zahlreichen Betrieben fehlen daher Rohstoffe und Vorprodukte – auch in jenen, die selbst gar nicht beschädigt wurden. Der zeitweise Ausfall von mehr als der Hälfte der AKW führt zudem zu einem Engpass bei der Energieversorgung.

Insgesamt ist die Industrieproduktion um mehr als 10 Prozent eingebrochen. Hinzu kommt, dass sie durch die weltweite Wirtschaftskrise auch schon vor der Katastrophe gesunken war. Mittlerweile bewegt sich die Gütererzeugung auf dem Niveau von 1987.

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