Presseschau Politische Bewegungen

Legitimation und Legalität

Eine kleine Geschichte der Berliner Häuserkämpfe
Mainzer Straße 1990 <br/>Foto von Renate Hildebrandt
Mainzer Straße 1990 Foto von Renate Hildebrandt

Die westberliner Hausbesetzer der 80er Jahre sind ein Mythos, der in den 90er Jahren im Osten eine Neuauflage erfuhr. Durch die Besetzungen wurde das Ende der Flächensanierung durch Abriß ganzer Straßenzüge eingeläutet und neue Anstöße in der Stadtplanung gegeben. Dabei wurde ein Kampf um öffentliche Legitimation zwischen Besetzern und Stadtverwaltung ausgetragen, meinen Andrej Holm und Armin Kuhn in ihrer kleinen Geschichte der Berliner Häuserkämpfe. Die Besetzer erreichten öffentliche Unterstützung durch die Nutzung des Leerstands bei gleichzeitiger Wohnungsnot, während der Senat an einem Korruptionsskandal zerbrach. Die Stadt unter Vogel und später Weizsäcker antwortete mit einer Befriedungsstrategie, die Besetzungen legalisiert oder räumt; dadurch wurde die soziale Bewegung erfolgreich in zwei Lager gespalten.

Faustrecht

Ein Geheimgefängnis der irakischen Regierung offenbart systematische Folter
Nuri Al-Maliki 2009 zu Besuch in London
Nuri Al-Maliki 2009 zu Besuch in London

Die autoritäre Regierungsführung des irakischen Ministerpräsidenten Nuri Al-Maliki ist ein offenes Geheimnis; eine ihm unterstehende Sondereinheit ist für Mord und Entführung bekannt. Durch die Recherchen von Ned Parker der Los Angeles Times und durch einen Report von Human Rights Watch ist ein weiterer Baustein an die Öffentlichkeit gekommen: ein geheimes Gefängnis am Flughafen in Bagdad, in dem Verschleppte – größtenteil aus dem sunitischen Norden des Landes – systematisch gefoltert und zu Geständnissen erpresst wurden. Al-Maliki ließ das Gefängnis schließen und leugnet erneut jede Kenntnis, obwohl ihm dieses Gefängnis ebenso wie die Sondereinheit untersteht.

»Weltberühmte Störenfriede«

Eine Dokumentation über die Kommunikationsguerilleros The Yes Men
The Yes Men als Exxon-Vertreter <br/>Foto von ItzaFineDay
The Yes Men als Exxon-Vertreter Foto von ItzaFineDay

Die Yes Men geben sich als Wirtschaftsbosse und Vertreter der Welthandelsorganisation aus – um auf den Konferenzen der Reichen und Mächtigen mit haarsträubenden Vorschlägen zu provozieren. Das gelingt ihnen jedoch selten, denn selbst die krudesten Präsentationen können die Eliten nicht aus dem Konzept bringen; es sei denn, sie übernehmen als Firmenvertreter die Verantwortung für Umweltkatastrophen und lassen Börsenkurse wackeln. Arte strahlte im vergangenen Jahr eine Dokumentation über das virtuose Spiel auf der Klaviatur der Medien aus.

Volkszorn aus der Provinz

Die Tea-Party-Bewegung
 <br/>Foto von theqspeaks
Foto von theqspeaks

Seit einiger Zeit schlägt in den USA ein neues politisches Phänomen hohe Wellen: Die Tea-Party-Bewegung. Sie beruft sich auf »uramerikanische« Werte wie Freiheit und Familie und wendet sich insbesondere gegen Obamas neue Gesundheitspolitik. Die sehr heterogene Bewegung eint konservative, religiöse, aber auch rechtsradikale Gruppen und »kleine Leute« ohne klaren Hintergrund. Bei ihren Treffen scheuen die Redner nicht vor hasserfüllten Parolen zurück.

Die Tea-Party-Bewegung, das wird hier hoch über den weiten Feldern Wis­consins klar, ist der fleischgewordene Unmut, den allerlei konservative Organisationen für sich zu nutzen wissen. Ihr kommt die Aufgabe zu, den bitterbösen Kampagnen von Fox News gegen Staat, Steuern und den Präsidenten Street Credibility zu verleihen – Glaubwürdigkeit auf der Strasse.

Aufruhr im Urlaubsland

Der Machtkampf in Thailand eskaliert
"Rote Armee" in Bangkok <br/>Foto von Nate Robert
"Rote Armee" in Bangkok Foto von Nate Robert

Revolutionen kennen kein Lehrbuch – auch in Thailand sind die Fronten komplex, aber verhärtet. Die Rothemden stehen dem ehemaligen Premierminister Thaksin Shinawatra nah, der vor seiner Absetzung für Sozialreformen wie günstige Gesundheitsversorgung sorgten. Deren Gegner ist die Regierung der Gelben, welches die traditionelle Farbe der Monarchisten ist. Der Konflikt ist einer von neuen und alten Eliten, aber auch ein Klassenkampf der armen Landbevölkerung. Deutschlandfunk Hintergrund untersuchte die politischen Fronten, die nun eskalieren.

Mit allen Mitteln

Amerikanische Hubschrauberpiloten töten im Irak Zivilisten wie im Computerspiel
Amerikanischer Apache-Kampfhubschrauber nahe Bagdad
Amerikanischer Apache-Kampfhubschrauber nahe Bagdad

Die amerikanische Kriegsführung und die Öffentlichkeitspolitik des Pentagon stehen erneut in der Kritik. Anlass ist die Tötung von über zehn Zivilisten durch die Piloten von Apache-Hubschraubern in Bagdad am Morgen des 12. Juli 2007; darunter waren zwei Journalisten von Reuters, zwei Kinder wurden schwer verletzt. Reuters versuchte durch den Freedom of Information Act an die Videoaufnahmen der Hubschrauber zu gelangen. Dieses Vorhaben scheiterte, das Pentagon informierte die Öffentlichkeit systematisch falsch – nun sind die Bänder allerdings Wikileaks zugespielt worden. Das Material wurde auf der Seite collateralmurder.com veröffentlicht. Weiterlesen … »

Gewinner und Verlierer

Im Irak ist trotz Stabilisierung keine Aussöhnung erkennbar
Sicherheitsmaßnahmen bei den Wahlen
Sicherheitsmaßnahmen bei den Wahlen

Trotz des fortschreitenden Aufstands wurde es in den vergangenen Jahren in der Berichterstattung der Medien recht still um den Irak. Nun sind zu den Parlamentswahlen einige exzellente Dossiers erschienen. Die Wahlen seien durch eine neues Reglement in der Wahl der Kandidaten offener, jedoch habe eine »Gerechtigkeitskommission« nach fragwürdigen Kriterien 500 Kandidaten ausgeschlossen, so der Deutschlandfunk. Nir Rosen erkennt darin in der Le Monde diplomatique keine Bereitschaft zur Aussöhnung, denn die Schiiten hätten auf ganzer Linie gewonnen. Sie seien nicht bereit, die Macht zu teilen. Der amerikanische Journalist zählt in dieser kurzen Chronologie der jüngsten irakischen Geschichte die strategischen Fehler der Besatzungsmacht auf und verdeutlicht, wie diese den inneren Konflikt des Landes verschärften. Weiterlesen … »

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