Presseschau Deutschland

Gaudi oder Trauerspiel?

Vom Boom des Pfandsammelns
Gaudi oder Trauerspiel?
Bild von Scoobay

Mittlerweile kennt sie wohl jeder: Meist ältere Damen und Herren, die mit ihren Einkaufstrolleys in Parks unterwegs sind oder die Mülleimer am Straßenrand abklappern. Immer auf der Suche nach Pfandflaschen oder -dosen. Selten sind die Folgen von Sozialabbau und Altersarmut so präsent in der Öffentlichkeit. Fast unmerklich hat sich in der allgemeinen Wahrnehmung aber ein gewisser Wandel vollzogen: Es überwiegen nicht mehr Verwunderung oder Empörung über solche Verhältnisse, wie Loidl bemerkt: »Flaschensammler werden häufig nicht mehr als Ausdruck des Versagens sozialer Sicherungssysteme gesehen, sondern als integraler Teil der Ausgeh- und Trinkkultur.« Gelegentlich wird das Ganze sogar als regelrechte Gaudi dargestellt, zum Beispiel in der Zeit.

Aufrüstung an der Heimatfront

Drohnen mit Tränengas und Gummigeschossen gegen Demonstranten?

Der Einsatz von bewaffneten Drohnen in Pakistan oder Afghanistan sorgt kaum noch für Empörung. Nun droht aber auch Ungemach vor der eigenen Haustür: Offenbar erwägen US-Behörden ernsthaft, solche ferngesteuerten Flieger auch im Inlandseinsatz zu bewaffnen. Zwar »nur« mit Gummigeschossen und Tränengas, aber das könnte sich ja später ändern lassen. Dabei fehlen in den USA wie auch in Europa jegliche gesetzlichen Rahmenbedingungen für derartige Einsätze.

Die Lebenslüge der Energiekonzerne

Was kostet der Strom wirklich?
Aufwändig und teuer: Offshore-Windkraft
Aufwändig und teuer: Offshore-Windkraft Bild von zabdiel

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme hat nachgerechnet: Was kostet die Erzeugung von Strom aus verschiedenen Quellen aktuell und wahrscheinlich in den kommenden Jahren. Dabei hat das Forscherteam auch eine Reihe von zusätzlichen Kostenfaktoren berücksichtigt, zum Beispiel die unterschiedlichen Zinssätze und die Lebensdauer der Anlagen. Interessant dabei: Vor allem Windkraftanlagen schneiden überraschend gut ab. Allerdings nur die landgestützten Windräder; die Offshore-Windparks haben zwar eine höhere Volllastzeit, können damit aber die aufwändigere Technik nicht kompensieren. Das ist nicht zuletzt deswegen brisant, weil sowohl die Bundesregierung als auch die Stromkonzerne massiv auf letztere setzen.

Kleine, privat installierte Photovoltaik-Anlagen sind übrigens, auch Dank heftiger Preissenkungen, mittlerweile durchaus attraktiv. Noch mehr gilt das für großflächige Systeme. Außerdem werden die Kosten mittelfristig weiter zurückgehen. Umgekehrt verhält es sich mit der konventionellen Stromerzeugung, etwa durch Kohle- oder Ölkraftwerke. Denn die fossilen Brennstoffe werden mit Sicherheit teurer.

Sabotage oder Scheitern?

Berichte zu nicht verfolgten Spuren geben dem NSU-Fall eine neue Dimension
Polizei, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft ermitteln mit allen Mitteln gegen rechten Terrorismus
Polizei, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft ermitteln mit allen Mitteln gegen rechten Terrorismus Bild von buck82

Ein halbes Jahr ist mittlerweile seit der Aufdeckung des rechtsradikalen Terrorismus des NSU in Deutschland vergangen. Seitdem wurden viele Mosaiksteine des Falls enthüllt. Doch in diesem Prozess bleibt unklar, inwieweit die zumeist geheimen Informationen gezielt in den Medien lanciert werden, hier also eine gezielte Indiskretionspolitik betrieben wird, oder ob es sich um einen Versuch handelt, nachträglich Transparenz herzustellen. Umstritten bleibt auch die Frage nach den Gründen für das Scheitern der Ermittlungen. Zwei Berichte, die bei der Süddeutschen Zeitung1 und bei Frontal21 erschienen, erweitern das Augenmerk auf die Blindheit der Ermittlungsbehörden um eine neue Dimension.

So lassen Thomas Reichert und Ulrich Stoll im ZDF in nachgestellten Szenen erkennen, daß trotz eindringlicher Zeugenaussagen die Spur zu zwei Radfahrern an den Tatorten entgegen jeder Professionalität fahrlässig ignoriert wurde. Der Beitrag vermittelt den Eindruck, Spuren seien – auch über die Perspektive des nachträglichen Wissens hinaus – ungenügend verfolgt worden. Eben mit dieser Fragestellung beschäftigt sich auch die Süddeutsche Zeitung: So zeige ein internes Auswertungsschreiben über die Arbeit der »Soko Bosporus« die Zerstrittenheit der verschiedenen Ermittlungsbehörden. Demnach haben gerade fränkische Staatsanwälte und Ermittler mit nachdrücklicher Vehemenz der Spur zu Fahrradfahrern und in die rechte Szene entgegengewirkt.

  • 1. Der vollständige Beitrag unter dem Titel »Neben der Spur. Anatomie eines Staatsversagens« ist nicht online erschienen, sondern in der Süddeutschen Zeitung vom 5.5.2012

Im Aufwind

Erneuerbare Energien international
Im Aufwind
Bild von Moyan_Brenn

In Japan, bis dato sehr atomkraftfreundlich, hält die Skepsis seit Fukushima an. Und das, obwohl kritische Wissenschaftler und Journalisten in der Öffentlichkeit kaum zu Wort kommen. Einige wurden sogar kurz nach der Katastrophe entlassen. Trotzdem geht der Trend mittlerweile zu anderen Energien. Aber auch in der Türkei, den Vereinigten Staaten oder Dänemark ist die Energiegewinnung aus regenerativen Quellen auf dem Vormarsch. Das zeigt jedenfalls, dass sich auch international eine Abkehr von fossilen Brennstoffen vollzieht. Der Ausbau dieses Sektors ist aber sehr unterschiedlich weit fortgeschritten. Das liegt einerseits an den jeweiligen geografischen Bedingungen, vor allem aber an der Art staatlicher Förderung. Das sollte mit Blick auf die Kürzung der Solarsubventionen in Deutschland zu denken geben.

Das Schweigen der Lämmer

Fraktionsdisziplin vor Meinungsfreiheit
Das Schweigen der Lämmer
Bild von Eduardo Zotes Sarmiento

Schon lange sind die Debatten im Bundestag - und ähnlich sieht es auch in den Länderparlamenten aus - zu eher drögen Veranstaltungen verkommen. Die Argumentationen sind vorhersehbar, eine wirkliche, direkte Auseinandersetzung findet oft gar nicht statt. Nicht selten werden die »Rede«beiträge sogar nur schriftlich eingereicht. Nun hat eine ganz große Koalition aus FDP, Union und SPD einen Vorstoß gewagt, die Meinungspluralität mit Hilfe der Geschäftsordnung noch weiter zu begrenzen. Demnach sollen praktisch nur noch die Fraktionen Redner bestimmen können. Abweichende Standpunkte, wie zuletzt im Zusammenhang mit dem Euro-Rettungsschirm, dürften dann fast gar nicht mehr im Plenum vertreten werden. Ein Armutszeugnis für die Demokratie.

»Der Tod ist ein Meister vom Bodensee«

Die Rüstungsindustrie in der Grenzregion
Komponenten vom Bodensee: Eurofighter
Komponenten vom Bodensee: Eurofighter Bild von Bundeswehr-Fotos

Panzer, Kriegsschiffe, Raketen, Kampfhubschrauber - bei der Herstellung all dieser Waffen sind gut 15 deutsche und schweizer Firmen rund um den Bodensee beteiligt. Sie beschäftigen zusammen rund 7.000 Mitarbeiter. Die Rüstungsindustrie kann auf eine lange Tradition in der Region zurückblicken. Schon im Ersten Weltkrieg - und später im Zweiten - baute sie hier Waffen. In den letzten Jahren sorgte für Aufsehen, dass einschlägige Güter auch in aktuellen Konflikten eingesetzt wurden, etwa in Libyen. Trotz strenger gesetzlicher Beschränkungen kommt es immer wieder zu Exporten in Krisenregionen. Oder, wie es ein Insider formuliert: »Was wir hier bauen, fällt anderen auf den Kopf.«

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