Presseschau Menschenrechte

Schwere Hypothek

Wie der Den Haager Prozess gegen Charles Taylor in Liberia gesehen wird
Straßenszene in Liberia <br/>Foto von tweefur
Straßenszene in Liberia Foto von tweefur

Das Land Liberia geht auf die Idee zurück, die Nachkommen von afrikanischen Sklaven in den USA wieder in Afrika anzusiedeln und einen eigenen Staat zu errichten. Wenig erstaunlich führte dies zu Konflikten mit der lokalen Bevölkerung und Jahrzehnten der Instabilität und des Bürgerkriegs. Einer der Figuren, die in dem grausamen Bürgerkrieg von 1990 bis 2003 besonders auffiel, war der liberianische Präsident Charles Taylor. Dabei ist sein Einfluß auf den Krieg im benachbarten Sierra Leone, finanziert durch so genannte Blutdiamanten, unvergessen. Für die dort begangenen Verbrechen steht er in Den Haag vor Gericht, doch eine Verurteilung ist keineswegs ausgemacht, da die Beweisführung schwierig ist. Peter Schreiber berichtet aus Monrovia, wie das Verfahren in Liberia aufgenommen wird. Kritisiert wird u.a. die einseitige Fokussierung auf den Krieg in Sierra Leone. Taylor hat dort noch immer viele Anhänger.

Macht hoch die Tür

Das Bundesverfassungericht urteilt über die europäsische Flüchtlingspolitik

Der Deutschlandfunk berichtet über die europäische Asylpolitik: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe berät über den Fall eines Irakers, der gegen seine Abschiebung nach Griechenland geklagt hatte. Bislang werden nach der Drittstaatenregelung (Dublin-II) Asylsuchende in das Land zurückgewiesen, in dem sie in die Europäische Union eingereist sind. In Griechenland existiert jedoch kein funktionierendes Asylsystem, so daß viele Asylsuchende auf der Straße leben und keine Chance auf ein ordentliches Verfahren haben: Die Grenzstaaten sind mit der Lastenverteilung durch das Dublin-II-Abkommen hoffnungslos überfordert. Die europäische Verordnung wurde 2003 nach dem Vorbild der deutschen Drittstaatenregelung beschlossen, welche Kernbestandteil der Einschränkung des Grundrechts auf Asyl im Jahr 1992 war. Weiterlesen … »

Präsidiale Einflußzone

Frankreich spielt in Afrika weiterhin Weltmacht
Militärische Feier zu 50 Jahren Unabhängigkeit im Senegal <br/>Foto von seneweb
Militärische Feier zu 50 Jahren Unabhängigkeit im Senegal Foto von seneweb

Francafrique steht für den ungebrochenen Einfluß Frankreichs in seinen ehemaligen Kolonien in Afrika. Seit der formalen Unabhängigkeit dieser vierzehn Staaten 1960 hat die Grande Nation zahlreiche Methoden zur Wahrung ihrer Macht genutzt: Bekämpfung von Gegnern durch die Nachrichtendienste, verdeckte Militäreinsätze, Einflußnahme durch die mächtigen und staatsnahen Erdölkonzerne Total und Elf Aquitaine und nicht zuletzt die enge Zusammenarbeit mit korrupten Diktatoren.

So wurde eine demokratische Entwicklung und eine wirkliche Unabhängigkeit dieser Staaten eingeschränkt oder verhindert – das Resultat ist Korruption und eine enge Bindung an Frankreich. Diese Politik wurde zumeist verdeckt aus dem Élysée-Palast jenseits parlamentarischer Kontrolle gesteuert. Ein Feature des Deutschlandfunk von Ruth Jung untersucht die Geschichte und Folgen des französichen Einflußes.

Kokapflanze vergiftet Staat

Der Drogenkrieg in Mexiko und die Rolle des Staates
Armee im Einsatz gegen Drogenhändler in Chihuahua 2008 <br/>Foto von Iker Merodio
Armee im Einsatz gegen Drogenhändler in Chihuahua 2008 Foto von Iker Merodio

In Mexiko tobt ein Drogenkrieg. Seitdem der Präsident Felipe Calderón 2006 an die Macht kam und im Kampf gegen die Drogenkartelle die Polizei durch das Militär ersetzte, schnellte die Zahl der Toten in die Höhe: Über 20.000 Opfer sind seitdem zu beklagen. Das Militär geht dabei auch gegen die Zivilbevölkerung vor und wird des Mordes, der Vergewaltigung und anderer Übergriffe beschuldigt. Doch wie der US-Radiosender NPR herausfand, geht die Regierung selektiv gegen die Kartelle vor – gegen eines wie Sinaloa gar nicht. Spitzen der Regierungspartei werden mit diesem Kartell in Verbindung gebracht. Dabei entgleitet dem Staat im Drogenkrieg mit den Kartellen und zwischen diesen die Kontrolle über einzelne Bundesstaaten. Gleichzeitig tragen die Gewinne einen großen Teil zur Wirtschaftsleistung bei. Die wachsende Bedeutung Mexikos als Kokainerzeuger steht im Zusammenhang mit einer weltweiten Veränderung des Drogenmarktes.

Gewalt mit System

Video dokumentiert systematische Gewaltanwendung einer Berliner Einsatzhundertschaft
Ausschnitt aus dem Video
Ausschnitt aus dem Video

Bei einer Demonstration gegen einen Naziaufmarsch vor knapp 4 Jahren in Berlin wurde ein Student bei der Festnahme so stark verletzt, daß er einen Schädelbruch erlitt. In dem folgenden Prozess behaupteten die beschuldigten Beamten, der Student sei vermummt gewesen und habe Steine geworfen. Das Gericht glaubte den Polizisten, obwohl deren Aussage selbst von unbeteiligten Augenzeugen der Polizei nicht geteilt wurde: Das Verfahren gegen sie wurde eingestellt, während der Student eine Bewährungsstrafe erhielt. Vielmehr versuchte die Berliner Senatsverwaltung für Justiz, den Studenten nach dem Verfahren einzuschüchtern. Nun ist ein Video aufgetaucht, daß diese Darstellung in Zweifel zieht und die systematische Gewalt der Einsatzhundertschaft dokumentiert.

Nach dem Sturm

Ein Jahr nach Beginn der Proteste im Iran
Polizei bei Protesten zum Aschurafest Ende 2009
Polizei bei Protesten zum Aschurafest Ende 2009

Zum Jahrestag der offensichtlich gefälschten Wahlen im Iran und den folgenden Protesten erschienen Beiträge, die sich mit der Lage der Opposition auseinandersetzen: Telepolis berichtet von der Praxis der Zensur, der ARD Weltspiegel blickt auf die Prozesse im vergangenen Jahr zurück und sieht die Opposition durch Überwachung, Zensur und Inhaftierungen geschwächt.

Straflose Gewalt

Amnesty-Bericht zur Polizeigewalt in Deutschland

Das Problem ist mittlerweile bekannt: Verfahren bei Polizeigewalt führen in Deutschland in aller Regel zur Einstellung; gewalttätige Beamte müssen selbst bei schweren Mißhandlungen mit keinen Verurteilungen rechnen. Nun hat Amnesty International sich des Themas angenommen und eine umfangreiche Studie veröffentlicht, begleitet von einer Kampagne mit  Online-Demonstration. Zahlreiche Beiträge haben bereits in der Vergangenheit das Problem untersucht: Beamte sagen aufgrund des behördeninternen Korpsgeist nicht gegeneinander aus, die Staatsanwaltschaften ermitteln schlampig und lax. Selbst Richter, die sich an den Ungereimtheiten stören, müssen dann aufgrund des dünnen Beweismaterials die Angeklagten freisprechen. Kritiker fordern daher Kennzeichnungspflicht bei Beamten, unabhängige Ermittler außerhalb der Polizei, unabhängigere Staatsanwälte und eine Auseinandersetzung mit dem Korpsgeist in der Polizei.

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