Kawumm für die Heimatfront
Arne Jysch hat eine vielbeachtete Comic-Geschichte über die Bundeswehr in Afghanistan geschrieben und gezeichnet. Unterstützt wurde er dabei nicht zuletzt auch von der Armee selbst. Michael Schulze von Glaßer hat das Werk nun eingehend analysiert. Dabei kommt er zu einem durchaus differenzierten Fazit: Es gebe mehrfach Kritik an dem Einsatz, geäußert von einzelnen Protagonisten der Story. Dennoch reproduziere Jysch auch fragwürdige Stereotype - beispielsweise von den idealistischen deutschen Soldaten oder den fanatischen Taliban. Zugleich prangert der Autor auch die Ignoranz der Heimat gegenüber der Truppe an. Schulze von Glaßers abschließendes Urteil:
Für die Armee ist „Wave and Smile“ ein Glücksfall: auch wenn die Militärführung in dem Comic nicht gut wegkommt und Kritik an der Bürokratie in der Armee geübt wird, war Arne Jyschs Buch ein medialer Werbe-Coup der Bundeswehr. Nahezu alle großen deutschen Medien haben sehr positiv über die Veröffentlichung und damit auch über den Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch berichtet – damit unterstützt „Wave and Smile“ die Bundeswehr bei der Bekämpfung des „freundlichen Desinteresses“ ihnen und ihrem Einsatz gegenüber.
Klima des Mißtrauens
Wie wird sich Afghanistan nach Abzug der westlichen Truppen entwickeln? Bislang herrscht eine Art Waffenstillstand zwischen der Nordallianz und der Regierung unter Hamid Karsai. Doch zwischen den Gouverneuren im Norden und der Regierung in Kabul herrscht ein Klima des Mißtrauens, wie Marc Thörner im Deutschlandfunk schildert. In diesem Sinne verläuft die Frontlinie nicht einfach zwischen Taliban und der Regierung, sondern vielmehr auch zwischen den Tadschiken und Usbeken im Norden und Paschtunen im Süden und Osten. Karsai geht auf die Taliban zu, da er sich von der Neuauflage der Nordallianz unter Druck gesetzt fühlt und neue Bündnispartner benötigt. Somit nähert er sich auch Pakistan an. Zugleich soll aber die Afghanische Nationalarmee nicht eine ethnisch dominierte Truppe sein. Um diese Widersprüche herum dreht sich die Frage, ob eine Neuauflage des afghanischen Bürgerkriegs folgen wird oder ein Kompromiß zwischen den Parteien doch möglich ist. Diese planen zumindest für die Zeit nach dem Abzug der ISAF.
Wunsch contra Realität
Jürgen Wagner analysiert die Lage in Afghanistan anläßlich der jüngsten internationalen Konferenz dazu in Bonn. Er kommt dabei zu dem Schluss, dass das von Politikern und Medien gezeichnete Bild sich keineswegs mit der Realität deckt. Das beginnt schon bei den bloßen Ergebnissen der Tagung. Von einem vollständigen Abzug der westlichen Truppen im Jahr 2014 könne keine Rede sein. Vielmehr werden mehrere zehntausend Soldaten auch danach noch dort bleiben - als Ausbilder, aber auch mit Kampfaufträgen.
Vor allem aber habe der zehnjährige Einsatz die Lage vor Ort nicht verbessert. In allen relevanten Bereichen sei kaum etwas erreicht worden, in vielen gebe es sogar dramatische Verschlechterungen. Weder sei Afghanistan heute demokratisch, noch wohlhabender oder friedlicher. Weiterlesen … »
Viel Geld, wenig Wirkung
Ein aktueller Bericht des US-Senats kommt zu dem Schluss, dass die gewaltigen Hilfsgelder nur selten sinnvoll verwendet werden. Oft sind sie sogar ausgesprochen kontraproduktiv, denn sie fördern Korruption und die Abhängigkeit vom Ausland. Es geht um immerhin 19 Mrd. Dollar seit Beginn des Krieges. Einigen Verbesserungen im Bildungs- und Gesundheitsbereich stehen also viele Probleme gegenüber, gerade auch im umkämpften Süden des Landes ist die Lage nach wie vor schlecht.
Die hohen Kosten des Einsatzes könnten nun zu einem schnelleren Rückzug der Truppen führen, wie der Spiegel vermeldet. Demnach sollen große Teile der insgesamt knapp 100.000 US-Soldaten schon vor 2014 zurückgeholt werden. Begründet wird dies auch mit dem Tod Bin Ladens.
Alte Pläne, alte Freunde
In Afghanistan wird weiter ein blutiger Konflikt ausgetragen – und manche Überläufer schließen sich wegen enttäuschter Hoffnungen erneut den Taliban an. Zudem verlieren die westlichen Truppen nun auch im Norden die Kontrolle über zahlreiche Dörfer.
Trotz dieser schlechten Gesamtlage sollen die in den 90er Jahren diskutierten Pläne einer Pipeline von Turkmenistan über Afghanistan an die pakistanische Küste zeitnah umgesetzt werden. 1997 hatte der – heute zu Chevron gehörende – US-Konzern Unocal bereits ergebnislos mit den Taliban verhandelt. Berater der amerikanischen Firma war übrigens ein gewisser Hamid Karsai, heute Präsident des Landes.
Momentaufnahmen eines Krieges
Wikileaks hat ca. 100.000 interne Dokumente des amerikanischen Militärs in Afghanistan aus den Jahren 2004 bis 2009 veröffentlicht. Erstmals arbeitete das Portal vor der Veröffentlichung mit Medienvertretern – der New York Times, dem Guardian und dem Spiegel – zusammen, um der umfangreichen Sammlung Herr zu werden und eine Auswertung zu ermöglichen. Kenner des Krieges werden von dem Material nicht überrascht sein – dennoch belegt es Zusammenhänge, die bisher lediglich als offene Geheimnisse galten und nicht verifiziert waren. Für eine breite Öffentlichkeit dagegen werden viele Fakten helfen, den Krieg besser zu verstehen. Weiterlesen … »
Krieg wozu?
Das Bild der Bundeswehr als »Entwicklungshelfer in Uniform« ist spätestens seit dem verheerenden Bombardement von Kunduz massiv in Frage gestellt. Christian Semler schildert den Wandel in der Legitimationsstrategie des Westens für diesen Krieg. Demnach sei die Berufung auf Demokratie und Menschenrecht dem neuen Ziel, »Stabilität« zu schaffen gewichen.
Nicht die Verteidigung der Menschenrechte in Afghanistan ist lächerlich, sondern der Versuch, mithilfe der Menschenrechtsrhetorik militärische Unternehmungen zu rechtfertigen, die in Wahrheit der Macht- und Interessenpolitik geschuldet sind.
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