Presseschau Agenda Setting

Prüfsumme

Die dpa zieht Konsequenzen aus öffentlichkeitswirksamen Falschmeldungen
dpa-Sitz in Hamburg-Rotherbaum <br/>Foto von tdietmut
dpa-Sitz in Hamburg-Rotherbaum Foto von tdietmut

Die dpa ist in der jüngeren Vergangenheit immer wieder auf Falschmeldungen hereingefallen, sodaß die größte deutsche Nachrichtenagentur nun selbst eine Meldung wert war. Geschickt haben Künstler und Medienhacker mit falschen Pressemeldungen und Webseiten der Agentur Nachrichten untergeschoben, die von den Redakteuren nicht ausreichend geprüft wurden. Der neue Chef der dpa hat darauf mit einem internen Leitfaden zur Recherche reagiert. Stefan Niggemeier gab Auszüge dieses auch für Journalisten lehrreichen Schriftstücks wieder und kommentiert das Verhalten der dpa.

Ikonen und Falschmünzer

Wie das Netz rasend schnell Täuschungen verbreitet
Straßenkunst in Los Angeles <br/>Foto von Lord Jim
Straßenkunst in Los Angeles Foto von Lord Jim

Die Echtheit von Nachrichten läßt sich nicht immer überprüfen – und im Internet kursieren ungeprüfte Kopien von Bildern, Falschmeldungen oder Manipulationen noch schneller. Der niederländische Designer Daniel van der Velden hat ein Buch dazu veröffentlicht; Tobias Moorstedt interviewt ihn in der Süddeutschen Zeitung zu selbsternannten Staaten wie der Seeplattform Sealand mit eigenem Siegel und Briefmarken sowie Firmen, die es nur im Netz gibt. Eine Geschichte der massenhaft reproduzierten Falschmeldung ist auch die von Neda Soltani; aufgrund ihrer Ähnlickeit von Namen und Gesicht wurde sie für »die« Neda gehalten, welche durch ihren Tod bei den Protesten im Iran zur Ikone wurde.

Die Logik des Dramas

Wie die Medien kulturellen Codes folgen
Theater für Anfänger? Bundespressekonferenz in Berlin <br/>Foto von yakshini
Theater für Anfänger? Bundespressekonferenz in Berlin Foto von yakshini

Der Rheinische Merkur interviewt den auf Public Relations und Kommunikation spezialisierten Wissenschaftler Klaus Kock zu Aufstieg und Fall von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Die Inszenierung in den Medien folgt althergebrachten kulturellen Codes wie der Tragödie, die häufig weder den Jounalisten noch dem Publikum gänzlich bewußt sind.

Ich will nicht behaupten, dass Journalisten alle voneinander abschreiben. Vielmehr haben sie die Geschichten verinnerlicht. Diese Geschichten dringen darauf, dass ihre eigene Logik erfüllt wird.

Wenn der Hund mit dem Krieg wedelt

Absurdes Schmierenstück eines inszenierten Krieges in Georgien

Als eine skurrile Kreuzung aus dem Radiohörspiel Krieg der Welten von George Orwell, dessen Fassung eines Angriffs vom Mars 1938 teilweise für echt gehalten wurde, und des Spielfilms Wag The Dog, in dem der amerikanische Präsident seine Wiederwahl durch einen erfundenen medialen Krieg erreichen will, erscheint die Geschichte vom inszenierten Fernsehkrieg in Georgien. Die Junge Welt und die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreiben über die Sendung des regierungsnahen Senders Imed, der über einen frei erfundenen Angriff Rußlands auf Georgien ohne ausreichende Kennzeichnung berichtet. In dem Film schlagen sich Oppositionspolitiker auf die Seite der Invasoren. Ausländische Botschafter protestieren gegen diese Inszenierung vor den Wahlen im Mai. Jens Berger erkennt die lenkende Hand des georgischen Präsidenten Michael Saakaschwili hinter dem Plot, der Millionen für ausländische PR-Spezialisten ausgibt.

Die Geschichte vom Geschichtenerzähler

Die Biographie des polnischen Reisejournalisten Ryszard Kapuscinski löst weltweit Diskussionen aus

Der polnische Journalist und Buchautor Ryszard Kapuscinski gilt durch seine Reisereportagen wie »König der Könige« als einer der bedeutensten Journalisten des 20. Jahrhunderts. Er hat die Grenzen des Genres gesprengt. Allerdings hat er laut der jüngst erschienenen Biographie »Kapuscinski Non Fiction« von Artur Domoslawski auch die Grenzen zwischen Berichterstattung und Fiktion nicht beachtet. Spiegel Online und die Süddeutsche Zeitung berichten über die rege Debatte, welche die Skandalbiographie in Polen sowie international ausgelöst hat, die taz interviewt Domoslawski. Timothy Garton Ash diskutiert im Londoner Guardian die Objektivität in den Medien und deren Grenze. Im Titel Kulturmagazin räsoniert Carl Wilhelm Macke über die Fragwürdigkeit der Errichtung von Denkmälern für vermeintliche Vorbilder.

Auf der Überholspur

Das Ende eines neutralen Internets, durch die Hintertür

Die Attraktivität des Internets beruht zu einem erheblichen Teil auf der Tatsache, dass die Angebote und Informationen neutral und damit gleichberechtigt »befördert« werden. Doch mittlerweile häufen sich die Fälle der gezielten Einflussnahme auf den Datenstrom, auch in Bezug auf die Geschwindigkeit der Versendung.

Dies kann auf die politische Relevanz der Inhalte oder aber wirtschaftliche Interessen zurückzuführen sein. Dabei sind die entsprechenden Kriterien für den Nutzer weder transparent noch sonstwie vorteilhaft. Profitieren würden ausschließlich die bereits am Markt etablierten und zahlungskräftigen Unternehmen.

Gezwitscher auf dem Lerchenberg

Einblick in die Einflußnahme der Politik auf öffentlich-rechtliche Sender
ZDF-Sitz im Mainzer Stadtteil Lerchenberg
ZDF-Sitz im Mainzer Stadtteil Lerchenberg

Der Spiegel interviewte Nicolas Brender nach seiner Absetzung als Chefredakteur des ZDF. Dieser beklagt sich bitter über ein »Spitzelsystem«, das Politikern Interna des Senders liefere. Er habe die direkte Einflußnahme der Politik auf die Berichterstattung abgestellt. Unabhängiger Journalismus beim ZDF sei möglich, müsse aber erkämpft werden. Das Interview war aufgrund des Stasivergleichs nicht unumstritten. Die Grünen erwägen wegen der politischen Einflußnahme auf die öffentlich-rechtlichen eine Klage vorm Bundesverfassungsgericht, die aber nicht von allen Parteien unterstützt werde. Neben der CDU zeige auch die SPD eine doppelzüngige Politik, wenn sie Brenders Absetzung kritisiere, aber mit dem System der Einflußnahme in den Rundfunkräten nicht grundsätzlich brechen wolle, so der Stern.

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