Presseschau Regierung

Konzepte von Gestern

Ein Rückblick auf den »Dritten Weg«
"Aus dem 'Sprungbrett in die Eigenverantwortung' von Schröder und Blair, ist das löchrige Schlauchboot mit dem Namen 'Hartz IV' geworden." <br/>Foto von Dolores Luxedo
"Aus dem 'Sprungbrett in die Eigenverantwortung' von Schröder und Blair, ist das löchrige Schlauchboot mit dem Namen 'Hartz IV' geworden." Foto von Dolores Luxedo

Fast vergessen ist der »Dritte Weg«, für den der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder und der britische Premier Tony Blair einst plädierten: Eine Neujustierung der Sozialdemokratie jenseits von links und rechts schwebte ihnen vor. Einer der Vordenker, Anthony Giddens, blickt in der englischen Wochenzeitschrift New Statesman auf diesen gescheiterten Versuch zurück. Kritisch geht Rudolf Walther im Freitag mit New Labour, der Neuen Mitte und Giddens ins Gericht: Die Marktfixierung habe die Finanzkrise mit vorbereitet, der militärische Interventionismus der Sozialdemokratie geschadet und unklar sei die politische Zielsetzung gewesen:

Schwammigkeit im Begrifflichen zeichnete schon das Schröder-Blair-Papier aus, das sich nach elf Jahren stellenweise wie eine Kabarettnummer liest. Hier wurde gleich im zweiten Absatz »das Dogma von Links und Rechts« beerdigt, so als ob es keine krassen sozialen Interessenkonflikte mehr gäbe.

Der seltsame Rücktritt

Horst Köhler sprach aus, was in breiten Kreisen Konsens ist
Sturmfreie Bude im Schloß Bellevue <br/>Foto von Willem van Bergen
Sturmfreie Bude im Schloß Bellevue Foto von Willem van Bergen

Für Irritationen und Empörung hat das Interview des Deutschlandfunk mit dem Bundespräsidenten Horst Köhler gesorgt. Dabei ist eine an wirtschaftlichen Interessen orientierte Außenpolitik der Bundesrepublik längst in zahlreichen militärischen Planungspapieren seit 1992 festgeschrieben worden, ohne daß diese — verfassungsrechtlich äußerst fragwürdige — Politik für viel Aufregung gesorgt hätte. Diesen Widerspruch zwischen öffentlicher Empörung und dem stillschweigenden Umbau der deutschen Außenpolitik arbeitet der Blog Fahrtenbuch anhand zahlreicher Dokumente heraus, darunter ein sicherheitspolitisches Planungspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion von 2008: Weiterlesen … »

Mythen der Krise

Der Darmstädter Soziologe Michael Hartmann kritisiert die Erklärungsmuster der Krise
Strandhäuser auf Long Island: "Das heißt, es hat zwar Gewinner gegeben bei den gesamten oberen 10 Prozent der Bevölkerung, wirkliche Gewinner sind aber nur das oberste Prozent und besonders das oberste Promille der US-Bevölkerung." <br/>Foto von mairob
Strandhäuser auf Long Island: "Das heißt, es hat zwar Gewinner gegeben bei den gesamten oberen 10 Prozent der Bevölkerung, wirkliche Gewinner sind aber nur das oberste Prozent und besonders das oberste Promille der US-Bevölkerung." Foto von mairob

Die Gier der Manager ist schuld. Das System ist schuld. Diese Erklärungsmuster kritisiert der Elitenforscher Michael Hartmann, denn sie werden als unabänderliche Konstanten betrachtet, gegen die wenig getan werden kann, denn Gier ist etwas menschliches. In Wirklichkeit kann der Weg in die Krise nachvollzogen werden, da dieser von Interessen geleitet sei: Weiterlesen … »

Von Gestern?

Der DGB debattiert über seine Zukunft

In diesen Tagen findet in Berlin der DGB-Bundeskongress statt. Neben der (Wieder-)Wahl der Vorsitzenden wird auch die allgemeine Ausrichtung für die nächsten Jahre Thema sein. Grund genug für die Presse, die aktuelle Situation der Gewerkschaften zu betrachten.

Die FAZ analysiert mit deutlich kritischem Unterton die »ewig gleiche Heilslehre von mehr Staat und mehr Umverteilung«. Die Ziele wie Mindestlohn, höhere Renten und andere soziale Wohltaten seien gerade in der Krise nicht angemessen. Die Zeit dagegen hebt vor allem die flexible Haltung in Bezug auf die Arbeitszeiten und die Lohnzurückhaltung positiv hervor und wünscht sich generell starke Arbeitnehmervertreter - solange sie in dem genannten gemäßigten Sinn agierten. Weiterlesen … »

Lecks im Klimasumpf

Einblicke in die Klimaverhandlungen von Kopenhagen
Demonstration beim Klimagipfel in Kopenhagen <br/>Foto von kk+
Demonstration beim Klimagipfel in Kopenhagen Foto von kk+

Jüngst veröffentlichte Dokumente bieten Einblicke in die Verhandlungen über ein Klimaabkommen in Kopenhangen. Der Spiegel publiziert in seiner aktuellen Ausgabe ein Transkript eines Gesprächs zwischen den Staatspitzen der USA, Deutschlands, Frankreichs, Indiens und einem Vertreter Chinas. Demnach sind verbindliche Reduktionsziele an Indien und China gescheitert. Die dänische Zeitung Politiken veröffentlichte ein internes Memo des Staatministeriums von Lars Rasmussen: Bereits Anfang 2009 sei klar gewesen, daß ein bindendes Klimaabkommen nicht erstrebenswert sei, da die USA in der Finanzkrise dazu nicht bereit seien und auf eine »Symmetrie« der Zugeständnisse mit China pochen. Die Süddeutsche Zeitung faßt die Papiere zusammen, der China Observer ergänzt durch eine Einordnung. Weiterlesen … »

Zerreißprobe

Der Streit um den Distrikt Brüssel-Halle-Vilvoorde stellt den belgischen Staat in Frage

Spannungen hat es in Belgien immer gegeben zwischen den frankophonen Wallonen im Süden und den niederländisch sprechenden Flamen im Norden – doch nun stellt der Konflikt die Einheit des Landes in Frage. Grund ist der verworrene Streit um die Teilung des zweisprachigen Distrikts der Metropolregion Brüssel, Brüssel-Halle-Vilvoorde, der die belgische Regierungkoalition platzen ließ. Michael Stabenow entwirrt das Knäuel gegenseitiger Vorwürfe in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, weitere Fakten liefert Katrin Brand vom WDR-Hörfunkstudio Brüssel. Presseurop übersetzt einen Beitrag der Le Soir aus Brüssel, in dem die Frage nach der Einheit des Landes gestellt wird; dort finden sich auch Beiträge aus der Trouw, aus de Standard und Le Soir, weitere Pressestimmen faßt eurotopics zusammen.

Bürgerkriegsähnliche Zustände

Präsident Kirgisiens aus dem Amt gejagt
 <br/>Foto von kun530
Foto von kun530

Arm und instabil ist die zentralasiatische Präsidialrepublik Kirgisien. 2005 war Präsident Kurmanbek Bakijew durch eine Clanrevolte an die Macht gekommen, nun wurde er durch soziale Unruhen aus dem Amt gejagt. Er stand für Vetternwirtschaft und Korruption. Nach der Festnahme meherer führender Oppositioneller gerieten die Proteste zunächst in Talas, darauf in der Hauptstadt Bishkek außer Kontrolle. Die Polizei schoß in die Menge; dabei starben ungefähr einhundert Menschen, Gebäude wurden in Brand gesetzt, es kam zu Plünderungen. Die Opposition übernahm provisorisch die Macht. Sie besteht aus vielen vormaligen Regierungspolitikern. Der Westen sowie Rußland äußern sich zurückhaltend. In Kirgisien befindet sich ein Stützpunkt der NATO; die Region gilt auch aufgrund der Energievorkommen als strategisch wichtig. Das Neue Deutschland sah im Vorfeld der Proteste einen wachsenden Einfluß des radikalen politischen Islam.

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