Presseschau Sicherheit

Aufstand der „Surplus-Bevölkerung“

Die Psyche der gewalttätigen Jugendlichen in Großbritannien im Blickpunkt

Als in London Anfang August ein farbiger Mann von Polizisten erschossen wurde und dessen Familie von der Polizei keine Auskunft zu den genaueren Ursachen der Erschießung erhielt, kam es zu spontanen Demonstrationen im Stadtteil Tottenham. Diese eskalierten bald: Zahlreiche Jugendliche legten Feuer, plünderten und zerstörten Geschäfte. Die Reaktion der Polizei war harsch. Der britische Premierminister Cameron sprach von einer moralisch verwahrlosten, anstandslosen Jugend, gegen die man mit kompromissloser Härte vorgehen müsse, Aufnahmen von Tätern wurden auf öffentlichen Großbildleinwänden gezeigt.

Seriöse Ursachenforschung wurde von großen Teilen der Gesellschaft und Medien – auch in Deutschland – nicht betrieben. Ein differenzierteres, wissenschaftlich fundiertes Bild der Ursachen der Gewalteskalation zeichnen der Sozialwissenschaftler und Gefängnispsychologe Götz Eisenberg und der Gewaltforscher Wilhelm Heitmeyer, indem sie die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit, Armut und Ausgrenzung aus sozialpsychologischer Perspektive in den Blick nehmen.

Ein Springer auf dem Schachbrett des Kalten Krieges

War Horst Mahler Agent der Staatssicherheit?

Regine Igel hat in zahlreichen Beiträgen geholfen, ein wenig Licht in die Wirren des Kalten Krieges zu werfen. Ihr letzter Mosaikstein ist eine dreiteilige Reihe auf Telepolis, die dem obskuren Anwalt Horst Mahler gilt, der in zahlreichen politischen Gruppen von rechts- nach linksaußen und zurück aktiv war. Igel sammelt Indizien für eine informelle Mitarbeit Mahlers für die Stasi aus diversen Akten zusammen, um diese in einen schlüssigen Kontext zu stellen. Sie vermutet in Mahler einen zentralen Agenten in Westberlin, der den Einfluß des ostdeutschen Nachrichtendienstes in der Außerparlamentarischen Opposition (APO) sichern sollte. Dabei erscheint Mahler als einer der Architekten der Roten Armee Fraktion. Sollte sich dieses Bild bestätigen, müsste die Geschichtsschreibung nicht unwesentlich korrigiert werden: Die Anschläge der RAF wären somit weniger ein Resultat der Radikalisierung der Studentenbewegung als vielmehr ein Produkt der Nachrichtendienste. Pikant ist dabei die enge Verbindung Mahlers zum Verfassungsschutzspitzel Peter Urbach, möglicherweise ein Doppelagent. 

Folter unter US-Präsident Bush

Interne Widerstände dagegen und der Umgang damit unter Obama
Folter unter US-Präsident Bush
Bild von Shrieking Tree

Die Wahl Obamas zum Präsidenten der USA war nicht nur Ausdruck des Verlangens vieler Amerikaner nach Politik, die bessere 'harte' Ergebnisse erzielt (Beschäftigung etc.), sondern auch nach moralischer Wiederherstellung. Während der acht Jahre unter Präsident Bush war Folter durch amerikanische Beamten von der Regierung nicht nur gebilligt, sondern angeordnet worden. Als das publik wurde, sorgte es für Aufschreie in den USA und weltweit. Die Weigerungen gegen diesen offiziell eingeschlagenen moralischen Kurs kamen dabei nicht nur aus der Öffentlichkeit, sondern auch aus den eigenen Reihen der Regierung: Mitarbeiter aus allen Ebenen der Bundespolizei, des Militärs und der Geheimdienste legten Beschwerde ein, dokumentierten die Verletzungen der Inhaftierten durch Folter oder weigerten sich, daran mitzuwirken – nicht selten verloren sie deshalb ihren Job. Menschenrechtsanwälte und Intellektuelle fordern die Obamaregierung nun dazu auf, diese Beamten zu ehren, bisher ohne Erfolg.

Informationsflut

Facebook unter der Lupe

600 Millionen Mitglieder, die freiwillig und permanent Daten zur Verfügung stellen: Was sie mögen, was sie tun, wo sie es tun und mit wem. Datenschutz ist dabei gleich auf mehreren Ebenen nicht vorhanden. Denn diese Informationen werden genutzt für gezielte Werbung, aber auch von Regierungen und deren Geheimdiensten. Das zeigte sich erst kürzlich bei den Revolten in der arabischen Welt. Weiterlesen … »

Schule des Terrors

Das dunkle Kapitel des Staatsterrors durch die USA in Lateinamerika
Ausbildung von honduranischen Offiziersanwärtern in Panama <br/>Bild von airborneshodan
Ausbildung von honduranischen Offiziersanwärtern in Panama Bild von airborneshodan

Das Verhältnis zwischen den USA und Lateinamerika war nie auf Augenhöhe: Spätestens seit der Formulierung der Monroe-Doktrin durch den amerikanischen Präsidenten James Monroe 1823 begannen die Vereinigten Staaten den Rest des Kontinents als ihren Vorhof zu betrachten. Ein besonders blutiges Kapitel wurde nach der Machtergreifung der Kommunisten in Kuba aufgeschlagen, als das Pentagon die Finanzierung der School of the Americas 1 massiv ausbaute. Diese historische Rolle stellt Stefan Fuchs in einer Sendung von SWR2 Wissen dar. In der »Schule« wurden Offiziere aus Lateinamerika in Methoden der Aufstandsbekämpfung unterrichtet, zu der auch Foltertechniken und Terror gegen die Bevölkerung gehören. Mit Hilfe dieses Netzwerks bekämpften die USA bis zum heutigen Tag echte und vermeintliche Gegner – auch die Zivilgesellschaft geriet ins Visier des Kampfes um die Macht.

  • 1. Heute Western Hemisphere Institute for Security Cooperation

Die Schraube zurückdrehen

Die alten Eliten in Ägypten geben sich noch nicht geschlagen
Die Armee -- Garant der alten Ordnung? <br/>Foto von Kodak Agfa
Die Armee -- Garant der alten Ordnung? Foto von Kodak Agfa

Der Erfolg des Volksaufstandes in Ägypten ist keineswegs gesichert: Hinter den Kulissen positionieren sich die unterschiedlichen Fraktionen des alten Regimes. Bereits am vergangenen Donnerstag analysierte Jens Berger auf seinem Blog die Interessen der »Autokraten«, »Plutokraten« und »Technokraten«. Ian Black zeigte im Guardian, daß die Armee ein Interesse am Status quo hat – beherrscht sie doch große Teile der ägyptischen Wirtschaft. Peter Beaumont verdeutlicht im gleichem Medium anhand eines Erfahrungsberichtes, daß die Armee, entgegen ihrer bisherigen scheinbaren Neutralität, nun aktiv auch gegen ausländische Medienvertreter vorgeht; die Beobachtung, daß die Regierung ihre Zügel wieder straffer hält, bestätigt auch Matthias Gebauer im Spiegel. Weiterlesen … »

Opposition unter Verdacht

Aufgeflogener Polizeispitzel läßt an rechtmäßigem Einsatz verdeckter Ermittler zweifeln

Erstmals seit 8 Jahren ist ein Spitzel aufgeflogen, der in Deutschland in die linke Szene eingeschleust wurde. 2002 eröffnete eine Studentin in Hannover, die es zur Studentensprecherin geschafft hatte, ihren »Freunden« ihre Spitzeltätigkeit. Sie war vom Bundesamt für Verfassungsschutz eingesetzt worden und sollte die linke Szene vor der Expo ausspähen. Jetzt ist in Heidelberg ein Student mit dem Tarnnamen Simon Brenner aufgeflogen: Er wurde erkannt, da er im Urlaub in Frankreich erzählte, daß er für die Polizei arbeitet. Rechtsexperten sehen einen verdachtsunabhängigen Einsatz von Spitzel durch das Landeskriminalamt als illegal an, da das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten nicht beachtet werde. Ziel des Einsatzes soll die Heidelberger Antifa gewesen sein, tatsächlich wurden aber Gruppen wie die Studentenorganisation der Partei Die Linke ausgeforscht. Weiterlesen … »

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