Presseschau Aufbruch in Arabien

Bilanz und Ausblick

Tunesien nach der Revolution

Das einstige wirtschaftliche Musterland Afrikas, das ist mittlerweile klar, war vor allem eine Kleptokratie. Der Clan des Präsidenten kontrollierte etwa 40 Prozent der Unternehmen und schaffte 10 Mrd. Euro außer Landes. Die positiven Wachstumsangaben waren vermutlich stark geschönt.

Zahlreiche wirtschaftspolitische Maßnahmen wurden zwar von IWF, Weltbank und auch der Bundesregierung gelobt. Allerdings hatten sie fatale Folgen für das Land. So erhielten ausländische Unternehmen beispielsweise für bis zu 20 Jahre Steuerbefreiung, und viele Rechte zum Schutz der Arbeitnehmer galten für sie nicht. Gegen die Gewerkschaften wurde brutal vorgegangen.

Doch die Revolution hat auch für neue Hoffnungen gesorgt, die Perspektiven sind keineswegs düster. So ist die Zivilgesellschaft des Landes durchaus stark entwickelt, vor allem die Gewerkschaften verfügen über schlagkräftige Strukturen. Weiterlesen … »

Das Ende der Facebook-Revolution?

In Ägypten wird bald gewählt

Der Militärrat in Ägypten hat mit einigen Verfassungsänderungen die Weichen auf schnelle Wahlen gestellt; noch im Herbst sollen Parlament und Präsident neu bestimmt werden. Die entsprechende Volksabstimmung hat am 19. März eine Dreiviertelmehrheit für die Vorschläge ergeben.

Das ist aber nicht unbedingt als Zeichen des Aufbruchs zu interpretieren, wie Kritiker bemängeln. Denn die raschen Wahlen stellen die Aktivisten vor große organisatorische Probleme: Ihre politischen Strukturen befinden sich erst im Aufbau. Ganz im Gegensatz zu den Muslimbrüdern und der alten Regierungspartei NDP, die auf feste Verbindungen zurückgreifen können. Möglicherweise verhindert die überhastete Demokratisierung so paradoxerweise einen wirklichen, grundlegenden Wandel im Land.

Offene Fragen

Der Militäreinsatz in Libyen

Frankreich, Großbritannien und die USA haben weder ein klares Konzept noch Antworten auf eine Vielzahl von Fragen. So ist durch das UN-Mandat lediglich ein begrenzter Einsatz zum Schutz der Zivilbevölkerung vorgesehen – doch die Bombardements richten sich gegen zahlreiche, womöglich auch zivile Ziele. Unausgesprochen sollen sie aber vor allem den Sturz Gaddafis herbeiführen.

Doch noch ist völlig offen, welche Folgen die Intervention haben wird: Kann sich Gaddafi gegen die Rebellen behaupten, was würden die im Falle eines Sieges tun? Und wird der Westen auch bereit sein, notfalls Bodentruppen zu schicken?

Die nächste Zeit wird also zeigen müssen, ob die Angriffe nicht in einem ähnlichen Desaster wie in Afghanistan enden werden. Daran kann jedenfalls niemand ein Interesse haben.

Arabische Perspektive

Der Sender Al Jazeera im Portrait

Mittlerweile ist der TV-Sender aus Katar weltweit ein Begriff, auch da er seit fünf Jahren zusätzlich ein englischsprachiges Programm betreibt. Ursprünglich bekannt wurde er durch seine fundierten Berichte aus dem arabischen Raum. Doch anders als viele Konkurrenten zeigt er nicht nur die offizielle Sicht der Herrschenden, sondern bietet auch dem »einfachen Mann auf der Straße« ein Forum. Gerade dadurch war Al Jazeera prädestiniert dazu, die aktuellen Proteste im Nahen Osten zu verstärken. Weiterlesen … »

Gewalt gegen Demokratie

In Bahrain kommt es zu offenen Repressionen

Mit massiver militärischer Unterstützung aus Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten haben Armee und Polizei die weitgehend friedlichen Proteste in Bahrain vorerst beendet. Dabei gingen die Sicherheitskräfte auch mit gewaltsamen Mitteln vor. Die teilweise künstlich konstruierte Konfliktlinie Sunniten versus Schiiten provoziere unkalkulierbare internationale Konsequenzen, schreibt Telepolis. Die Demonstranten fordern demokratische Verfassungsreformen und insbesondere eine Beschränkung der Macht des Herrscherhauses.

Eine Geschichte der Unterdrückung

Arabien als Opfer von Kolonialismus und Diktaturen

Schon die Osmanen beherrschten weite Teile Arabiens – mit harter Hand, aber durchaus auch mit Toleranz gegenüber den kulturellen Eigenheiten der jeweiligen Region. Die Europäer, allen voran das britische Weltreich, kümmerten sich noch weitaus weniger um die Bedürfnisse der Menschen. Bestimmend waren wirtschaftliche und geostrategische Interessen. Und dafür war man auch bereit zu falschen Versprechungen.

Trotz ihres antikolonialen Anspruchs setzten die nationalistischen Herrscher danach ebenfalls nur wenige ihrer Versprechen um. So etablierten sie zunehmend korrupte und autoritäre Regimes. Geheimdienste und Armee dominierten die Politik, die Wirtschaft geriet zum Selbstbedienungsladen der Eliten.

Wer steht da auf?

Gaddafis Gegner

Bisher ist noch weitgehend unklar, wer eigentlich die Aufständischen in Libyen sind und welche Kräfte hier eine gewichtige Rolle spielen. So ist umstritten, wie groß der Einfluss der Islamisten ist – und darüber hinaus, wie radikal sie sind. Ähnliches gilt für die Bedeutung der traditionellen Stammesverbände.

Aber auch die Figuren des Provisorischen Nationalrates, wie ihr Vorsitzender Mustafa Abdul Dschalil, sind schwierig einzuschätzen. Einerseits gilt er als profilierter Verfechter von Menschenrechten, andererseits hat er als Justizminister Gaddafis Regime lange mitgetragen. Weiterlesen … »

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