Presseschau Asien

Kalter Krieg im Kleinformat

Wie die USA fragwürdige Rebellengruppen in Syrien unterstützen

Daß einige Golfstaaten, die Türkei, Großbritannien und die USA das Kaleidoskop der Rebellengruppen im syrischen Bürgerkrieg durch Waffen, Logistik und Ausbildung unterstützen und somit den Bürgerkrieg in eine perspektivlose Länge ziehen, ist längst kein Geheimnis mehr. Das zynische Kalkül, im Namen von Freiheit und Demokratie die Zerstörung eines Landes in Kauf zu nehmen, ist eine Neuauflage des Kalten Krieges im Kleinformat, bei dem verschiedene Mächte um Einfluß in der Region ringen. Thomas Pany beleuchtet auf Telepolis einige Aspekte der Waffenlieferungen durch amerikanische Sicherheitsbehörden.

»Curveball«

Wie ein windiger Informant zum Irakkrieg beitrug

Vor zehn Jahren begann der Angriff einer US-geführten Koalition auf den Irak. Eine wichtige Begründung dafür lieferte ein in Deutschland lebender Exiliraker, der in Geheimdienstkreisen als »Curveball« bekannt war. Ein Curveball ist im Baseball ein extrem schwierig geworfener Ball - und genauso schwierig war der Umgang mit dem Informanten, da es keinerlei Bestätigungen für seine Schilderungen gab. Tatsächlich gab es weder die mobilen Chemiewaffenlabore, noch die Waffenfabrik, in der er gearbeitet haben wollte. Schon im Vorfeld des Irakkrieges warnten sowohl der BND als auch US-Geheimdienstler vor dem Informanten, den sie als sehr unzuverlässig einschätzten. Aber seine Berichte schafften es bis in die berüchtigte Präsentation des Außenministers Powell vor dem UN-Sicherheitsrat. Weil sie die fadenscheinige Begründung für einen gewollten Krieg lieferten.

Neue Runde im Worthülsenweitwurf

Wann gerinnt die Kritik an der Politik Israels zum Antisemitismus?

Als alter Kniff aus der Trickkiste der Öffentlichkeitsarbeit gilt die Top 10 - Liste. Die Platzierung des Verlegers Jakob Augsteins unter die zehn schlimmsten Antisemiten dieser Welt durch das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles hat zweifelsfrei für Aufmerksamkeit gesorgt. Um diesen Preis hat das Zentrum jedoch seinen Ruf als ernstzunehmende Instanz bei der Beurteilung des Judenhasses verspielt, indem die Jury den allseits anerkannten Deutschen Meister im Worthülsenschleudern, Henryk Broder, zum Gutachter bestellte. 1 Dieser Helfer ist nicht ausschließlich für seine feinen und differenzierenden Töne bekannt: Denn wer Antisemit ist, bestimmen immer noch Broders Identitätsneurosen.

  • 1. Das Zentrum selbst bezeichnet den mit wüsten Beleidigungen um sich werfenden Berufsprovokateur Broder allen Ernstes als »weltweit respektierte[n] Wortarbeiter«.

Eskalation als Reaktion

Chinas Außenpolitik wandelt sich dramatisch
Japanische Küstenwache im Gebiet der Senkaku-Inseln
Japanische Küstenwache im Gebiet der Senkaku-Inseln Bild von Al Jazeera English

Lange Jahre galt für die Volksrepublik China die klare Vorgabe von Deng Xiaoping: Territoriale Konflikte mit Nachbarstaaten sollten möglichst vermieden oder gütlich beigelegt werden. Das war angesichts der nachholenden Entwicklung durchaus eine clevere Strategie, denn nur so konnte das Land ungefährdet wachsen.

Mittlerweile zeichnet sich aber in dieser Hinsicht ein Wandel ab. Denn China tritt immer aggressiver auf dem internationalen Parkett auf. So etwa in den Konflikten mit den Philippinen und Vietnam, wo es neben einigen Inseln vor allem um Öl, Gas und Fischereirechte geht. Treibende Kräfte sind in dieser Hinsicht aber weniger die Führer im fernen Peking, sondern regionale Machthaber und Unternehmen. Dabei wenden sie eine geschickte Taktik an: Maßnahmen anderer Länder werden umgehend und massiv beantwortet, sodass China nicht als Initiator erscheint, wohl aber die Verhältnisse zu seinen Gunsten ändern kann. Auch beim Streit mit Japan um Inseln im Ostchinesischen Meer herrscht innerhalb der KPCh keine Einigkeit, wobei die japanfreundliche Fraktion zunehmend an Rückhalt verliert. Nicht zuletzt, weil die Öffentlichkeit auf eine härtere Gangart drängt. Umgekehrt wächst in Japan die Bereitschaft zur Konfrontation. Letztlich führen all diese Auseinandersetzungen zu einer allgemeinen Aufrüstung - die Eskalationsgefahr steigt kontinuierlich an.

Frieden durch Abschreckung?

Zu den Atomwaffen im Kalten Krieg - und danach
Atomwaffentest
Atomwaffentest Bild von vaXzine

Der Historiker Eckart Conze - einer breiteren Öffentlichkeit durch seine Mitwirkung an »Das Amt« bekannt geworden - analysiert die Rolle der Atomwaffen im Kalten Krieg. Das häufig formulierte Argument, gerade die extreme Vernichtungskapazität dieser Bomben habe den Frieden gesichert, stellt er dabei in Frage. Denn das setze voraus, dass alle Beteiligten rational handeln, also die Folgen ihrer Entscheidungen abwägen würden. Das sei zwar damals so gewesen, ist aber keineswegs selbstverständlich. Gerade heute, in einer zunehmend unübersichtlicher werdenden Welt, könne davon immer weniger ausgegangen werden.  Hinzu komme, dass der Kalte Krieg immer ein äußerst prekärer Frieden war: Die zahlreichen, schweren Krisen zeigten das. Hinzu komme noch die enorme wirtschaftliche Belastung durch die massive Aufrüstung. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass es mehrfach gerade auch in der BRD starke Friedensbewegungen gab, die sich mit ihren Anliegen aber nicht durchsetzen konnten.

Kommentar

Sicher hat Conze Recht mit seiner Betonung, dass der Kalte Krieg, gerade im Rückblick, stabiler scheine, als er war. Und ja: Die Kosten der Rüstung allein richteten schon extreme Schäden an, ohne dass die Bomben überhaupt eingesetzt wurden. Das bedeutet aber zugleich, dass irgendwer von dieser Aufrüstung auch enorm profitierte: Sei es die westliche Industrie oder das sowjetische Pendant eines bürokratischen Apparats. Vor allem aber sieht Conze heute die Gefahr vor allem in Regimes wie Iran oder in einem möglichen Nuklearterrorismus begründet. Das wäre noch zu hinterfragen. Denn Fakt ist: Der bis heute einzige Einsatz von Atomwaffen im Krieg wurde von der Regierung eines demokratischen westlichen Landes angeordnet. Und umgekehrt: Warum geht er davon aus, dass die Regierung in Teheran nicht rational handelt? Man muss die Ziele dieses Regimes ja nicht teilen oder verteidigen - aber es wäre kaum seit über 30 Jahren an der Macht, wenn es sich irrational verhalten hätte. Vielmehr zeigen viele Fälle aus der jüngeren Vergangenheit ja gerade, dass es rational agiert. Und dazu gehört unter Umständen auch der Wille, Atomwaffen zu besitzen. Im Übrigen war bis dato noch keine Terrorgruppe in der Lage, sich Atomwaffen zu beschaffen oder gar einzusetzen. 

Die enteignete Revolution

Was ist aus dem arabischen Frühling geworden?
Protestdemo gegen die Reformverschleppung. Tahrirplatz Kairo, am 8. Juli 2011
Protestdemo gegen die Reformverschleppung. Tahrirplatz Kairo, am 8. Juli 2011 Bild von mmoneib

Werner Pirker analysiert den Stand der Dinge in den arabischen Ländern: Wohin haben sich die Revolutionen entwickelt, und warum? Besonderes Augenmerk richtet er dabei auf die Politik des Westens. Dieser habe dem Wandel anfangs eher skeptisch gegenübergestanden, da die jahrzehntelang erprobte Kooperation mit den autoritären Eliten in Gefahr geriet. Später habe man sich stattdessen darauf verlegt, die Neuordnung zumindest nachhaltig zu beeinflussen.

Als entscheidenden Wendepunkt sieht Pirker den Fall Bahrain: Eine Volksbewegung wurde hier von den reaktionären Golfdynastien brutal unterdrückt. Und die USA, die eng mit dem Regime zusammenarbeiteten, auch wegen der großen Militärbasis vor Ort, schauten zu. In Libyen dann nahm man mittels direkter Militärintervention massiv Einfluss, ähnliches steht in Syrien bevor. Von zentraler Bedeutung ist schließlich Ägypten als bevölkerungsreichstes Land der Region. Hier erstickte erst die westlich unterstützte Armee die Volksbewegung, dann übernahm die Organisation der Muslimbrüder die Macht. Deren Charakter erscheint zwiespältig: »Sie hat zwei Gesichter, das eine ist der Demokratie zugewandt, das andere der Oligarchie.« Es bleibt jedenfalls vorerst offen, ob die Umwälzungen schon beendet sind oder es einen neuen revolutionären Schub geben wird.

Schatten der Vergangenheit

Frankreichs und Großbritanniens Politik gegenüber Syrien
Die Aufteilung des Nahen Ostens
Die Aufteilung des Nahen Ostens Bild von Ian Pitchford

Ähnlich wie Obama hat nun auch Frankreichs neuer Präsident Hollande offen von einem möglichen Militäreinsatz des Westens gesprochen. Dabei gehe es um humanitäre Erwägungen. Außerdem regte er die Bildung einer Gegenregierung an und versprach dieser Unterstützung.

In der Tagesberichterstattung ging dabei weitgehend unter, dass Frankreichs Einmischung in der Region keineswegs neu ist. Schon während des Ersten Weltkriegs bemühte sich das Land erfolgreich um Einflussnahme. Im Rahmen des Sykes-Picot-Abkommens sicherte man sich den Zugriff auf Syrien und den Libanon, während gleichzeitig Großbritannien der Irak, Jordanien und weitere Teile des Nahen Ostens zufallen sollten. Bis dahin war die Region vom Osmanischen Reich beherrscht worden, das nach seiner Niederlage die Kontrolle an die beiden Siegermächte übergeben musste. Besonders pikant an der diplomatischen Initiative war, dass die Briten zugleich den Arabern für ihre Waffenhilfe politische Unabhängigkeit versprachen. Nach den Kämpfen war davon dann freilich keine Rede mehr. Genausowenig, wie die Franzosen bereit waren, den Syrern Autonomierechte zu gewähren.

Diese Vorgeschichte sollte man berücksichtigen, wenn über Interventionen nachgedacht wird. Denn sie zeigt zweierlei: Einmal, dass es dabei immer auch um handfeste Eigeninteressen der fremden Mächte geht. Und zweitens, dass diese gern mit schönen Versprechen an die betroffene Bevölkerung bemäntelt werden. Schon die Kontrolle über Syrien wurde Frankreich seinerzeit übrigens offiziell als Mandatsgebiet des Völkerbundes übertragen – faktisch war das Land dann jahrzehntelang eine Kolonie.

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