Presseschau Beiträge von Martin Atzler

Ikonen und Falschmünzer

Wie das Netz rasend schnell Täuschungen verbreitet
Straßenkunst in Los Angeles <br/>Foto von Lord Jim
Straßenkunst in Los Angeles Foto von Lord Jim

Die Echtheit von Nachrichten läßt sich nicht immer überprüfen – und im Internet kursieren ungeprüfte Kopien von Bildern, Falschmeldungen oder Manipulationen noch schneller. Der niederländische Designer Daniel van der Velden hat ein Buch dazu veröffentlicht; Tobias Moorstedt interviewt ihn in der Süddeutschen Zeitung zu selbsternannten Staaten wie der Seeplattform Sealand mit eigenem Siegel und Briefmarken sowie Firmen, die es nur im Netz gibt. Eine Geschichte der massenhaft reproduzierten Falschmeldung ist auch die von Neda Soltani; aufgrund ihrer Ähnlickeit von Namen und Gesicht wurde sie für »die« Neda gehalten, welche durch ihren Tod bei den Protesten im Iran zur Ikone wurde.

Der erste Schritt ist die Beschönigung

Ein kurzer Blick auf die Lüge
 <br/>Foto von ChrisyJewell
Foto von ChrisyJewell

Flunkern, Floskeln, Lügen: Eine schöne Beobachtung über den Charakter des wenig wahren bringt BR2, angereichert mit einem Reigen an Beispielen aus dem öffentlichen Leben. Die Gründe dafür sind vielfältig: vom schönen Bild, der Selbsttäuschung bis zur groben politischen Lüge. »Eine Stategie, die dem Tarnverhalten verschiedener Tiere ähnelt.« Auch die Medien malen Bilder, deren Wahrheitsgehalt wir selten überprüfen können. Häufig werde mehr über Bedrohungenszenarien berichtet als über Tatsachen. Neben der Sendung finden sich in dem Dossier weitere Hintergrundinformationen. Anbei erwähnt sei der Essay von Georg Simmel Das Geheimnis, in dem er die kognitive Fähigkeit des Menschen zum Verbergen darstellt.

Wessen Land?

Die Erwerb von Land in Afrika durch Konzerne erreicht schwindelerregende Dimensionen
 <br/>Foto von afromusing
Foto von afromusing

Der Londoner Observer untersucht die Landnahme von Konzernen in Afrika und beauftragte dafür mehrere Organisationen, Daten zu erheben. Demnach sind eine halbe Millionen Quadratkilometer Agrarland verkauft, verpachtet oder in Verhandlung: eine Fläche weit größer als Deutschland. Die Käufer des Landes sind Konzerne und Investmentfirmen aus aller Welt: aus Saudi-Arabien, Südkorea, Ägypten und Brasilien. Dabei handelt es sich um einen Wettlauf um die Ressource Wasser. Nicht nur für die Export von Nahrungsmitteln wird das Land erworben, sondern auch für die Gewinnung von Biosprit. Experten erwarten, daß dies den Hunger verstärkt, da Land in Äthiopien oder dem Sudan angekauft wird, wo die Versorgung mit Ernährung ohnehin schwierig ist. Weiterlesen … »

Taube im Falkenturm

Obama kann sich nicht gegen Pentagon und Republikaner durchsetzen
Abschuß einer Tomahawk-Rakete von der USS Ohio <br/>Foto von Mateus
Abschuß einer Tomahawk-Rakete von der USS Ohio Foto von Mateus

Russland und die USA haben den Vertrag zur Begrenzung strategischer Atomwaffen START erneuert. Dieser sieht eine weitere Begrenzung der Atomsprengköpfe und Trägersysteme vor. Doch die Befürworter einer deutlichen Verkleinerung der Atomwaffenarsenale sind enttäuscht; allzu offensichtlich ist das Zugeständnis an die republikanischen Senatoren. Weit kritischer betrachtet Selig S. Harrison das Vetragswerk in der Le Monde diplomatique. Denn die Vertreter einer  Atommacht mit Erstschlagsoption und atomarer Vergeltung auch bei chemischen und biologischen Angriffen besetzten weiter die Schlüsselpositionen im Pentagon. Weiterlesen … »

Stehen bleiben

Rußland ohne Mut zur wirtschaftlichen Modernisierung
Papierfabrik am Baikalsee <br/>Foto von hegtor
Papierfabrik am Baikalsee Foto von hegtor

Fern von Moskau sind die strukturellen Probleme Rußlands unübersehbar. Die Wirtschaft vieler Orte verläßt sich auf einen einzigen Industriesektor – oft mit veralteter Technologie, die nicht konkurrenzfähig ist und die Umwelt belastet. Der Premier Wladimir Putin subventioniert viele dieser Werke und verwässert Umweltauflagen aus Angst vor Aufständen und Widerstand der Bevölkerung in der Wirtschaftskrise. Dies wird exemplarisch deutlich an einer Papierfabrik am Baikalsee in Sibirien, wie der ARD Weltspiegel zu berichten weiß. An diesem Beispiel analysiert auch eine Reportage des Handelsblattes die Unfähigkeit zu einer wirtschaftlichen Modernisierung.

Schlauer als der Volksglaube erlaubt

Intelligente Vögel und worüber sie gerne reden
2 Freunde: Krähen <br/>Foto von onkel_wart
2 Freunde: Krähen Foto von onkel_wart

Tiere können sprechen – nicht nur Worte nachahmen. Die Forschung zu Intelligenz bei Tieren kommt zu erstaunlichen Erkenntnissen und stellt die Annahme einer linearen Evolutionstheorie in Frage. SWR Wissen hat eine Sendung zum Forschungsstand der Abstraktionsfähigkeit bei Vögeln aufgenommen; Krähen und Papageien gelten neben Affen, Elefanten und Delphinen als die schlauesten Tiere. Ein sprechender Papagei mit Wohnadresse in Harvard kannte den Sinn hunderter Wörter und habe das Verständnis eines Fünfjährigen gehabt. Ebenso interessant sind zwei Dossiers bei 3sat zu intelligenten Tieren und Vögeln, welche leider teilweise aufgrund des neuen Rundfunkstaatsvertrags nicht mehr einsehbar sind.

Öffentliche Staatsaffären

Über die Ermittlungen des Baltasar Garzón gegen Verbrecher der Franco-Diktatur und das Amt des Ermittlungsrichters
Der Richter Baltasar Garzón <br/>Foto von jmlage
Der Richter Baltasar Garzón Foto von jmlage

Der Ermittlungsrichter am spanischen Strafgerichtshof Baltasar Garzón hat mit seinen Verfahren für Furore gesorgt – er ließ den Diktator Pinochet festsetzen und hat ehemalige Minister hinter Gitter gebracht. Nun droht ihm in Spanien die Suspendierung; denn er hat sich der Verbrechen der Franco-Diktatur angenommen und erbitterten Widerspruch hervorgerufen. Ein Verfahrenskniff wird ihm als Rechtsbeugung ausgelegt, schreibt Reiner Wandler in der taz. Heribert Prantl würdigt seine Leistungen für ein Ende der Straflosigkeit von Verbrechern in hohen Staatsämtern in den Blättern für deutsche und internationale Politik in einem empathischen Beitrag.

Indes in Frankreich die Regierung unter Nicolas Sarkozy plant, durch eine Justizreform das Amt des Ermittlungsrichters abzuschaffen. Bernard Schmid erkennt auf Telepolis darin den Versuch, die Erfolgsgeschichte dieses Amtes bei der Bekämpfung von Korruption zu beenden. Ein Beispiel ist die Aufdeckung des Elf-Aquitaine-Skandals, der den Spielfilm »Geheime Staatsaffären« inspirierte. Schmid vergleicht die europäischen Justizsysteme und hinterfragt deren Unabhängigkeit.

Inhalt abgleichen